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Nicaragua

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Und ich fliege doch nach Nicaragua………….

Wir starten unseren Flug in Zürich um pünktlich in Paris „Charles de Gaulle“ zu landen! Der Weiterflug geht über Atlanta (USA) mit direktem Endziel Managua (Nicaragua). In Paris warten wir in der Abflughalle bis unser Gate geöffnet wird und wie immer bildet sich beim Einsteigen eine lange, „giftige und bissige“ Menschen-Schlange.  Da wir kein „Gegengift“ bei uns haben, warten wir bis zum Schluss um einzusteigen. Beim Vorweisen der  Boardingkarten und Pässe lächelt mich der Security freundlich an und sagt: desolé Madame, vous ne pouvez pas monter à board. Ich denke: lustiger Kerl – gar nicht üblich für ein Security! Deshalb lächle ich nett zurück und sage: oui oui, vous êtes  très drôle. Laufe weiter und wünsche une belle journée.  Mit energischem Ton und diesmal ohne Lächeln sagt der gleiche Security:  Madame, il est pas une blague – vous êtes pas autorisés a voler. Vos papiers sont invalides.

Invalid? Können Papiere „invalid“- mit Berechtigung für eine Invalidenrente – sein? Nein, So etwas habe ich noch nie gehört – also kann es nicht sein. Ich hatte alles dabei – eine Boardingkarte, einen gültigen Reisepass sowie eine gültige und bezahlte Esta-Einreisegenehmigung für USA – also lauf ich einfach weiter bis ein sichtlich verärgerter Security mir den Weg blockiert.  Genau in diesem Moment  realisiere ich, dass er es ernst meint. Ich darf wirklich nicht fliegen.  Offenbar ist meine ESTA-Einreisebewilligung in Kombination mit dem Ausstellungsdatum meines italienischen Reisepasses für USA ungültig.  Ich spüre, wie mein Blut in den Adern gefriert.  Kurt und ich befinden uns im Schockzustand  – unser Gehirn weigert sich zu denken und doch müssen wir eine Entscheidung treffen und zwar sofort.  Kurt fliegen oder nicht fliegen – das ist die Frage.

Wir entscheiden uns für Kurt fliegen – Gepäck in Managua entgegen nehmen – auf Iolanda warten.

Und da stehe ich, in dieser grossen, leeren Abflughalle wie bestellt und nicht abgeflogen.  Und was mache ich jetzt? Bis 10 zählen, nein 100, 1000, 10‘000, durchatmen, die Nerven nicht verlieren, logisch denken……. nicht so einfach – glaubt mir.

Nachdem ich die 10‘000er-Zahl geknackt habe, laufe ich wie in Trance Richtung „Information-Desk“. Dort erkläre ich meine erbärmliche Situation, zeige meine Papiere und werde weiter geleitet und weiter geleitet und weiter geleitet……….

Als ich endlich nach gut 1 Stunde am richtigen Schalter ankomme, hat sich auch hier eine „giftige“ Menschenschlange gebildet.  Ich warte und warte – mehr als 2 Stunden vergehen bis eine nette Dame meine Situation versteht und mit allen möglichen Mitteln versucht zu helfen.  Leider bleibt es beim Versuch – die nette Dame kann mir nicht weiter helfen! Sie kann mein Flugticket nicht umbuchen. Das bedeutet, wenn ich Kurt nachreisen will, muss ich ein neues Flugticket via Madrid – San José (Costa Rica!) – Managua, lösen – Kostenpunkt über 3‘000Euro, Economy-Class, nur Hinflug!  Ich befinde mich am Ende meiner Kräfte und am liebsten würde ich zurück nach Zürich fliegen.  In diesem Moment hasse ich alle Amis und ihre saudoofen Vorschriften.

OOOOOOOMMMMMM….. ruhig bleiben, logisch denken. Ich löse für >3‘000 Euro ein neues Flugticket und mache mich auf die Suche der Busstation  um vom Flughafen Charles de Gaulle – nordöstlich von Paris,  zum Flughafen  Orly – südwestlich von Paris, zu fahren.  Dort fliege ich mit Iberia nach Madrid – wo ich die Nacht im Hotel Ibis verbringe.

Und wenn ich dachte es sei geschafft – dann hatte ich mich schwer geirrt.  Der Spuk war noch nicht vorbei.  SMS von Kurt:  „Schätzli, dini Koffere isch nöd acho“!  Doch in diesem Moment ist mir alles egal – ich will nur eins – schlafen.

Endlich komme ich in Managua an – Kurt wartet schon auf mich.  Beim „Fund and Lost“ werden wir informiert,  dass mein Koffer  zurück nach Zürich befördert wurde. Wir kochen beide – die Beamten der Fluggesellschaft waren informiert!!! Delta ist amerikanisch……….. und wir stinkesauer.

Mein Koffer kommt 9 Tage später an– trotz Sicherheitsschloss geöffnet und versehen mit den besten Grüssen der Sicherheitsbeamten  –  gerade noch rechtzeitig, um unsere Reise auf den Rio San Juan (Grenzfluss Nicaragua – Costa Rica) anzutreten. In den 9 Tagen konnte ich die Situation mit einer gewissen Gelassenheit und Humor annehmen und machte die Erfahrung, dass 2 T-Shirts, 2 Unterhosen, ein Paar Schuhe und 2 Hosen absolut ausreichen für ein glückliches Leben – auch wenn es die Kleider von Kurt waren 🙂

Und so machen wir (ich mit leichtem Gepäck) uns auf den Weg in das nördliche Hochland in einer Region, in der der berühmte bunte Quetzal nistet.  Das Reservat „El Jaguar“ auf knapp 1000 Metern Höhe, verspricht nebst Birdwatching den besten Kaffee, spektakuläre Landschaften und wunderbare Begegnungen mit Tier und Mensch.

Kaum angekommen, begrüsst uns Moses  – einziger Mensch auf dem Reservat – und begleitet uns zu unserem Bungalow mit wunderschöner Sicht auf den umliegenden Regenwald. Wir sollen uns beeilen – er will noch bevor es dunkel wird mit uns in den Regenwald. Kein Problem für uns – wir packen unsere Fotoausrüstung und Feldstecher  und tigern hinter Moses her.  Das können wir ohne Bedenken – hier gibt es keine Tiger und auch keine Jaguare – dafür jede Menge Moskitos – die erklärten Lieblinge von mir – resp. umgekehrt!

Das Reservat beheimatet eine grosse Vielfalt an Pflanzen wie z.B. riesen Eichen und Farnbäume und Tiere wie z.B. Moskitos, Moskitos, Moskitos. Innerhalb dieser Wälder findet man auch sehr seltene Orchideen.  Moses zeigt uns auch die Kaffeeplantagen und als ich eine Frucht, die ich als Kiwifrucht erkenne pflücken möchte, schreit er mit eisiger Bestimmtheit – die meine Hand an Ort und Stelle einfrieren lässt – STOPP, don’t touch – it’s dangerous! Die nach Kiwi aussehende Frucht entpuppt sich als Lulo, auch Naranjilla genannt – eine dicht behaarte, exotische Frucht  mit 3-5mm langen Stacheln.  Die Stacheln bleiben bei unerfahrenen  Anfasser,  ähnlich wie bei den Kaktusfeigen, in der Haut stecken und verursachen ein gröberes Jucken. Moses zeigt uns wie die Früchte sachgerecht  gepflückt und gegessen werden. Schmecken tun sie himmlisch – sogar Kurt, der „Wenigfrüchteessende“ ist begeistert, und wie.

Immer wieder richten wir unsere Augen nach oben, in der Hoffnung, den majestätischen Quetzal zu sehen – doch der hat kein Interesse an uns im Gegensatz zu den Moskitos.  Angelockt durch meinen unwiderstehlichen Körpergeruch veranstalten sie eine Riesenparty – sie berauschen sich mit meinem  Blut und hinterlassen riesige Schwellungen und höllisches Jucken bis hin zu Schüttelfrost und Fieber.

Wir verabschieden uns vom El Jaguar um die Fahrt Richtung Peñas Blancas Bergmassiv-Reservat anzutreten.  Das 1999 zum Reservat erklärte Gelände ist Teil des Biosphärenreservates Bosawas und weist ein überaus vielfältiges Ökosystem auf. Neben tropischen Wäldern finden sich hier tiefe Wasserfälle, hoch aufragende Felswände und sogar Reliefs, die durch das enthaltene Kalzium entstanden sind und so den Steinen das charakteristische Weiss verleihen. Man muss bedenken, dass vor Jahren in einem Teil des Gebietes kein einziger Baum stand und es absolut kein Wasser gab. So gegen Mitte der 90er Jahre pflanzten viele Freiwillig unter der Leitung des Biophysikers Alain tausende von Bäumen und Bambus an – sehr gezielt, vielfältig – und pflegten vor allem den Bambus (der durfte nicht unkontrolliert wuchern). Bambus ist ein hervorragender Wasserspeicher und heute gibt es in diesem Teil einen wunderschönen Wald mit viel Wasser, sogar mit Wasserfällen. 

Unsere nächste Station ist die äusserste Spitze Nicaraguas nahe dem Golf von Fonseca. Diese Region, ist vom Tourismus noch weitgehend unberührt und vor allem durch die beiden Vulkane San Cristóbal und Cosigüina geprägt.  Was wäre eine Reise nach Nicaragua ohne die Besteigung eines Vulkanes…. Also, Wanderschuhe schnüren,  Rucksack packen und ab Richtung Vulkan Cosigüina.  Es folgt eine recht abenteuerliche Fahrt auf Fahrwegen, die niemand von uns als solche erkennen würde. Nach einer schönen und anspruchsvollen Wanderung durch den tropischen Trockenwald erreichen wir den Krater, an dessen Boden sich ein See aus blau-grün schimmerndem Regenwasser befindet. Die Sicht hier oben ist atemberaubend – einerseits der Golf von Fonseca auf der anderen Seite eine Sicht bis El Salvador und Honduras.

Wir wollen auch den Süden des Landes erkunden und fliegen von Managua nach San Juan del Norte (südöstlichste Ecke von Nicaragua).  Genau heute – kurz vor dem Einchecken – kommt mein Koffer an. Zum Glück – denn in den nächsten Tagen wird uns viel Regen begleiten.  Und obwohl ich mit 2 T-Shirts, 2 Unterhosen, ein Paar Schuhe und 2 Hosen ein absolut glückliches Leben führe, tragen meine Regensachen zu einem noch glücklicheren – und einigermassen trockenen – Leben bei.

Auf dem Rio San Juan machen wir unvergessliche Erfahrungen.  Wer auch immer „da oben“ ist, er lässt uns mehrmals am Tag richtig böse seinen Zorn spüren. Auf unserer Fahrt zur Lodge, in welcher wir zwei Nächte verbringen wollen, müssen wir 6 1/2h auf dem Fluss mit einem kleinen, offenen Boot fahren. 5 1/2h davon hat es geschüttet wie verrückt!

Die Geräusche des Dschungels holen uns heute sehr früh aus dem Schlaf – die Regenwaldbewohner erwachen bereits gegen fünf Uhr morgens. Von wegen „Dschungelruhe“. Also stehen wir auf und geniessen das Vogelgezwitscher und Affengebrüll aus unserer Veranda. Es regnet in Strömen und wir stellen uns vor, dass die vereinbarte Tour im Indio Maiz wohl nicht stattfinden wird.  Denkste! Die Nicaragueños kennen nichts……. heisst für uns: Gummistiefeln und Regenschütze montieren und ab in den „REGEN“Wald – es wird gehalten was versprochen wird. Wir nehmen uns ein Beispiel an den Einheimischen und lassen uns  nicht beeindrucken. Wir geniessen unsere Fahrten und Exkursionen auf den Rio und im Wald und das trotz Regen.

Obwohl das Reservat das Habitat von Rehen, Wildschweinen, Pumas, Affen, Seekühen, Pfeilgiftfröschen, Schlangen, Krokodilen, Schildkröten und Leguanen ist – sehen wir heute aber nichts davon – dafür sind wir von Kopf bis Fuss mit Schlamm und Dreck bedeckt. Einen Sprung ins Wasser vom Rio Bartola wäre jetzt genau das Richtige – wir verzichten darauf – zu viele „fragliche“ Augen und „hungrige“ Mäuler lauern.

Die Fahrt bringt uns weiter nach El Castillo, eine Festung die einst als Bollwerk zur Abwehr von eindringenden Piraten aus der Karibik diente. Es ist die grösste Ortschaft hier am Rio. Wir geniessen es richtig, am Abend wieder durch die Gassen zu schlendern und selber entscheiden zu können, wo und was wir heute essen. In Castillo hat uns auch die nie endende Fröhlichkeit der Menschen – vor allem der Kinder – sehr gut gefallen.

Nach ein paar Tagen geht es wieder auf den Fluss, Richtung San Carlos. Wir wechseln das Boot und die Bootsfahrt zum Archipel Solentiname (im Nicaraguasee) findet ausnahmsweise ohne Regen statt. Von hier wollen wir das artenreiche Wildreservat La Guatuzos, in welchem viele Tiere beobachtet werden können, besuchen. So gleiten wir am nächsten Tag langsam und leise mit dem Boot am Rio Papaturro entlang. Wir werden reichlich belohnt – unzählige Vögel und Leguane sind zu sehen. Die Männchen machen sich für die Brautschau schön und verfärben sich orange. Anders als bei den Menschen sind bei Tiere die Männchen schöner:-)

Es heisst Abschied nehmen und wir fahren mit dem Boot von San Carlos nach Los Chiles in Costa Rica. Dort erleben wir das „nicht sehr hecktische Arbeiten der Zollbeamten“ für die Abmeldung, resp. Einreise.

Fazit: Nicaragua hat uns total fasziniert. Das Land ist sehr vielfältig, viele Gegenden sind noch fast unberührt, nur relativ wenige Touristen „verlieren“ sich in dieses Land. Die Menschen sind zum Glück von uns Touris (noch) nicht verdorben, sind sehr freundlich und fröhlich. Was uns verblüfft hat: wir wurden immer von Guides abgeholt und begleitet. Keiner, aber auch kein einziger kam auch nur eine Sekunde nach dem vereinbarten Zeitpunkt zu uns. Im Gegenteil – mehrere warteten Stunden (!!) im Auto vor dem Hotel oder der Lodge bis zum vereinbarten Termin. Unglaublich – einfach bemerkenswert. Nica – – immer wieder.

Reisezeit:  Dez./Jan. 2014/2015