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04 – Sarah und Bulli – Meeresalgen, Knoblauch und hölzernes Weltkulturerbe

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Unser Fürstensitz in Puerto Montt befindet sich direkt am Wasser – eine beneidenswerte und absolut einmalige Lage. Links von uns die Stadt, am Abend wunderschön beleuchtet, rechts von uns der berühmte Mercado Artesanal de Angelmó, vor uns der Pazifik und die Insel Tenglo.

Aus unseren Logenplätzen können wir das Kommen und Gehen der Fischer- und vieler anderer Boote beobachten. Wir erfreuen uns am kunstvollen Fliegen der Pelikane, dem Streiten der unzähligen Möven, dem unbeschwerten auf- und abtauchen der Seelöwen. Fähren passieren langsam den «Canal Tenglo», sogar das Kreuzfahrtschifft «Celebrity Infinity» mit 2’000 Passagieren hat hier in der Bucht von Puerto Montt seinen Anker gelegt.

Uns interessiert jedoch im Speziellen das Treiben auf der Insel Tenglo. Gespannt beobachten wir, wie während der Ebbe Frauen, Männer und Kinder aus dem Wasser «irgendetwas Grünes» herausholen und am Strand aufhäufen. Danach kommen Männer und Frauen mit Schubkarren und laden das Ganze auf, um es unweit am Strand wieder zu verteilen. Was ist das – und was machen sie, fragen wir uns.

Ihr kennt ja uns mittlerweile, wenn unsere Neugier einmal geweckt ist, dann wollen wir es genau wissen. Und so steigen wir auf die Kleinfähre von Puerto Montt nach Tenglo. Die Fahrt dauert genau 3 Minuten und ein paar Sekunden und kostet 500 chilenische Pesos pro Person (CHF -.75, je nach Tag).

Auf der Insel machen wir die Bekanntschaft von Señora Sanchez. Sie ist gerade daran, eine Ladung «grünes Etwas» auszustreuen.
Sie erklärt uns, dass das grüne Etwas eine Meeresalge ist. Diese heisst «Pelillo» und wird vor allem zur Herstellung von Körper- und Hautpflege eingesetzt. Doch bis die Alge in die Produktion kommt, dauert es eine Weile.

Zuerst muss sie bei Ebbe in den Sand gepflanzt werden (ähnlich wie dem Reis). Die jungen Sprosse seien «so dünn wie ein Menschenhaar» sagt uns die Señora. Sie selber ist Besitzerin eines «Lotes» und zeigt mit dem Finger in Richtung Meer, wo weisse Säcke und markierte Parzellen zu sehen sind. Nach ca. 15 Tagen ist die Alge genug gewachsen und bereit zum Ernten. Wiederum bei Ebbe holt die ganze Familie (Frauen, Männer und Kinder) das wertvolle Gut, um es anschliessend mind. 1 Tag lang an der Sonne zu trocknen.

Die getrocknete Alge wird dann wieder eingesammelt und in Säcke abgefüllt, welche anschliessend im «Consorcio» weitere 15 Tage getrocknet und gepresst werden. Von dort gelangt das Gut in die Produktion (Shampoo, Creme, Seife).

Für ein Kilo getrocknete Alge erhält Señora Sanchez derzeit 350 chilenische Pesos (etwas über CHF 50.–). Auf einer Fläche von ca. 300m2 trocknen ca. 20 kg Pelillo. Die Erntezeit dauert 7 – 8 Monate. Alleine von diesen Einnahmen kann die Familie nicht leben. So verdient ihr Mann zusätzliches Geld als Fischer und sie selber arbeitet von Montag bis Freitag im Mercado.

Einzig die Körperpflege- und Hautcrème-Produzenten verdienen sich mit der Vermarktung des «ach so Runzel straffendem grünen Wunder» eine goldene Nase. Ähnlichkeiten mit anderen schlecht bezahlten Kleinbauern sind rein zufällig………………

Eine weitere Besonderheit, die uns zum Staunen gebracht hat und wir euch nicht vorenthalten möchten, ist die unglaubliche Grösse des chilotischen Knoblauchs «Ajo chilote».

Mindestens faustgross sind die Dinger und sehen ein wenig aus wie Fenchel. Eine Zehe ist so gross wie bei uns eine normale Knolle (unser Freund Jürgen hätte bestimmt weniger Schäl-Arbeit beim Herstellen seines berühmt-berüchtigten «Knoblauch-Kartoffelsalates) 😊😊.

Für das ausserordentliche Wachstum sorgt ebenfalls die Meeresalge Pelillo, gemischt mit Kuhdung und chilotischem (Chiloe) Erdboden, wird uns erklärt. Die Knoblauchzehen werden so verkauft oder aber auch geräuchert und zu Delikatessen-Paste mit verschiedenen Gustos verarbeitet. Diese kann auf Brot gestrichen, zum Marinieren von Fleisch benutzt oder einfach roh gegessen und/oder beim Kochen verwendet werden.

Das «chilotische-XXL-Wunder» soll beinahe für jegliche Krankheit gut sein. Die Haupteigenschaften dieses Supernahrungsmittel basieren auf einem starken Antioxidans, Antibiotika, Analgetikum, Vasodilatator etc. Es soll hauptsächlich bei verstopften und übersensibilisierten Nasen helfen und vorbeugen gegen Erkältungen, es soll auch eine gesunde Energie und Ernährung unterstützen und alles voran man glauben will……

Natürlich mussten Joly und Kurt drei Sorten davon kaufen – und prompt liefen ihre Nasen auf «Knoblauch» komm raus. Soviel zum Thema «XXL-Wunder»!

Und sollte das XXL-Wunder auch bei den Einheimischen nichts nützen (wie bei Joly und Kurt), so stehen alleine auf der Insel Chiloe (auf einer Fläche von 9’322km2) mehr als 150 Kirchen und 16 davon sind sogar als Weltkulturerbe der UNESCO eingestuft.

Wir wollten uns möglichst viele davon ansehen und so haben wir Joly und Kurt gebeten, auf die «Ruta de las Iglesias» abzuzweigen. Lieb wie sie sind, haben sie es trotz schlechter Ripiostrasse und „garrettengrossen Schlaglöcher“ getan – SIE (und wir natürlich auch) wurden dafür reichlich und hysterisch ehhh pardon… historisch beschenkt. Was ist ein „Garettenloch“? Das sind Schlaglöcher, in welche man mind. eine „Garettenladung“ Teer einfüllen müsste, um es zu füllen. So benennt Kurt die Löcher mit der Anzahl der nötigen Garettenladungen („1-, 2-fach Ladung“….). Für unsere lieben Gäste, welche des Schweizer Dialektes nicht mächtig sind: eine „Garette“ ist ein Schubkarren 😊.

Die Holzkirchen von Chiloe wurden alle aus Holz im 17. Und 18. Jahrhundert und grösstenteils aus Alerce-Holz erbaut. Uns haben speziell die farbenfrohen, geschindelten Fassaden beeindruckt.

Wir möchten euch die Iglesia San Francisco in Castro (Hauptstadt von Chiloe) etwas näher beschreiben, denn sie ist etwas grösser und mächtiger als die anderen Kirchen. Sie hat zwei Türme und wirkt ein wenig wie eine Kathedrale. Der gelbe Anstrich leuchtet schon von weitem über die Plaza de Armas.

Von Innen ist die Holzkirche noch beeindruckender. Jede Rundung, jede Figur, jede Diele ist aus heimischen Holz gefertigt. Eine übergrosse Figur vom Erzengel Michael, der den Satan erschlägt, ist der grösste Schatz der Kirche. Eine wunderbare Holzfigur!

Eine ganze Weile sitzen wir und lassen das Gebäude und die Ruhe auf uns wirken, atmen den Duft des Holzes und staunen über das perfekte Handwerk des 17./18. Jahrhunderts. Könnt ihr es auch riechen?

Von Sara und Bulli für suitaotour aus Chile / Dezember 2017