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Namibia

Eine Senke zwischen zwei Wüsten

Aufgrund des langen, trüben Winters, spüren wir ein Manko an Vitamin D und benötigen dringend eine Super-VitaD-Sonneninfusion. Ich mache mich auf die Suche und finde Sie in einer nicht allzu weiten Ferne.  Afrika – verspricht Wärme, schöne Landschaften, einzigartige Tiere, wunderbare Menschen und noch vieles mehr.

Leider ist dieser Kontinent nicht das bevorzugte Reiseziel von Kurt und ich muss all meine Überzeugungskünste anwenden um ihn zu motivieren. Die einzige Destination für welche er sich auf einen Kompromiss einlässt ist – Namibia.
Ich lasse mir diese Gelegenheit nicht entgehen und organisiere in Rekordzeit – bevor Kurt es sich anders überlegt – unsere Reise nach Namibia. Schnell packen wir unsere Koffern mit Sommersachen und schon sind wir am Flughafen in Richtung Windhoek – Sonne wir kommen.

Als wir in Windhoek landen, erleben wir die erste Überraschung. Es ist saukalt! Kälter als das Land welches wir gerade deswegen verlassen haben.  Da wir jedoch hoffnungslose Positivdenker sind, denken wir, dass morgen alles anders sein wird. In dieser Hoffnung beziehen wir unser Hotel und gehen vorerst, Nota bene in Winterkleider gekleidet = „Reisekleider“ zum Restaurant Gathemann schlemmen. Mit Bäuchen voller Köstlichkeiten und Kalahari-Trüffel kehren wir zurück zum Hotel. Im Zimmer ist es arktisch kalt und wir müssen uns echt überwinden, um die Winterkleider auszuziehen.

Als wir schnell unter die Decken springen, stossen unsere Füsse auf etwas dubios weichfühlendes, warmes Etwas. Noch nie zuvor und auch danach nicht, haben wir es je wieder geschafft, das Bett in dieser Schnelligkeit zu verlassen. Wir zittern – und zwar nicht nur wegen der Kälte! Als wir vorsichtig und genauer nach dem Etwas nachschauen, sehen wir etwas Vertrautes – etwas, das wir hier aber nicht erwartet haben. Es sieht aus wie……eine,  wie…… eine Bett…. nein es kann nicht sein. Doch es ist und wir sind sehr dankbar, in dieser eisigen Nacht unsere Füsse an einer warmen Bettflasche zu kuscheln. Willkommen in Namibia!

Immer noch hoffnungsvoll und gekleidet in den gleichen, warmen Klamotten wie am Tag zuvor, erkunden wir am nächsten Morgen Windhoek. Wir besuchen die Christuskirche, der Handelsplatz der Einheimischen, der Bahnhof und alle weiteren Sehenswürdigkeiten aus längst vergangenen Kolonialzeiten. Wir fühlen uns blitzartig in diese Zeit zurückgeschleudert und staunen nicht schlecht, einige der Strassenbeschriftungen auf  Deutsch zu lesen.

In der Kalahari-Wüste haben wir 2 Übernachtungen reserviert. Wir möchten hier die Wildtiere aus nächster Nähe erleben. Der Landbesitzer verspricht dieses Erlebnis (gegen Bezahlung) auf einer Rundtour mit dem Jeep durch den immensen Landsitz. Wir lassen uns überzeugen, nehmen Platz im hinteren, offenen Teil des Jeeps und fahren los. Es ist immer noch kalt – doch die Sonne scheint und wärmt uns. Zudem sind wir immer noch mit denselben, warmen Klamotten bekleidet und haben uns zusätzlich in warmen Decken eingekuschelt.
Die Fahrt auf den Jeep lässt uns wie richtige Abenteurer fühlen. Mit Argusaugen halten wir Ausschau auf alles was sich bewegt – und es bewegt sich vor allem eins – die Sonne in Richtung Westen. Und kaum ist sie am Horizont verschwunden, meldet sich die kalaharische Kälte wie auf Kommando wieder zurück. Keine Decke dieser Welt schafft es, uns vom Reich der Erstarten zu retten. Wir  befinden uns ca. 2 Fahrstunden von der Lodge entfernt, wir frieren, wir schlottern und unsere Zähne klappern als hätten wir ein Gebiss im Maul.  Hilfe – wo sind unsere Bettflaschen!

Diese unerwartete „Kalterfahrung“ steht im krassen Gegensatz und als Kompensation,  zu einer Begegnung, die gut 2 Wochen später stattfand – – ein Besuch bei den Buschmännern in der Nähe von Grootfontein. Der Anblick der vielen „Knack“-Pos verursachte bei mir ab und zu ein Hitzeschub! 🙂

Unsere Reise geht weiter über den Hardap-Nationalpark und Mariental nach Westen, nach Maltahöhe. Dort können wir in einer Schule eine grosse Kiste mit Schreibmaterial abgeben. Wir mussten uns im Gästebuch verewigen und der Direktor wollte unbedingt für uns eine kleine Ansprache halten – – uns war es schon etwas peinlich.

Am nächsten Morgen, kaum dass die Sonne aufgegangen ist, sind wir bereits da; am Fuss der gigantischen Dünen des Sossusvlei. Die einzigartige Lichtstimmung am frühen Morgen zwischen Sonne und Schatten, schafft spektakuläre Bilder. Wir befinden uns mitten in der Namib Sand Sea – das Dünenmeer. So heisst die älteste Wüste der Welt, deren Unversehrtheit und natürliche Ästhetik zum UNESCO-Weltnaturerbe geadelt wurde. Und wir haben das Glück, diese Landschaft mit Wasser zu sehen.

Am nächsten Morgen hat es sogar geschneit. Wikipedia schreibt: Die Regensaison 2010/11 war mit stellenweise mehr als 1.100 Millimeter Niederschlag die feuchteste in der 120-jährigen Geschichte der namibischen Klimaaufzeichnungen. Daher haben wir Namibia auch als „sehr grün“ erlebt.

Wir fahren am übernächsten Tag weiter nach Solitaire mit der einzigen Tankstelle auf dem Weg. Kurz vor dem „Ort“ winkt uns ein Einheimischer „auf spezielle Art“ am Wegesrand zu. Nichtsahnend tanken wir im „Ort“ und der Tankwart macht uns ein Zeichen. Erst begreifen wir nicht, um was es geht, dann sehen wir den Plattfuss an unserem Auto…………. „Zufällig“ ist grad nebenan ein Pneuhändler. Nun wissen wir jetzt auch warum beim Passieren des Einheimischen vorhin so ein komischer Hügelzug über die ganze Strasse gelegen ist. Später erfuhren wir, dass dort „ab und zu ein paar Stahlstifte stecken“. Arbeitsbeschaffung auf namibisch könnte man das auch nennen. Und am nächsten Tag, auf dem Weg zum Gamsberg-Pass – weit weg von der Zivilisation – Plattfuss Nr. 2, diesmal von den scharfen Steinen aufgerissen. Der Pneuhändler in Solitair konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Natürlich hatte er unsere Pneugrösse nur „absolut neu, keine Aufgummierten“. Herrlich.

Swakopmund ist Multikulti vom Allerfeinsten, ein Erbstück der Geschichte. Egal wo wir hingegangen sind, egal welche Strasse (auf Deutsch beschriftet) wir spaziert sind – immer wieder sind wir an Zeugen der Vergangenheit wie zum Beispiel das alte Amtsgericht, die Landungsbrücke, die Missionskirche etc. gestossen. Wunderschöne Gebäude schmücken die Stadt. Eine interessante Vergangenheits-Geschichte, welche uns jedoch sehr nachdenklich und traurig macht. Musste der Europäer sich immer an den Einheimischen und fremden Besitz vergreifen?

Wer in Swakopmund ist, der sollte unbedingt die östlich gelegene Mondlandschaft besuchen. Sehr trocken, äusserst bizzarre Hügelformen – kaum je eine Pflanze – und dennoch für uns eine wunderschöne Landschaft. Ganz in der Nähe ist auch der Welwitscha-Park. Diese viele hunderte Jahre alte Pflanze ist äusserst interessant. Eine wissenschaftliche Untersuchung hat für die untersuchten Pflanzen ein Alter von 500 bis 600 Jahren ergeben. Für die größten Exemplare der Art wird durch Extrapolation dieser Ergebnisse ein Alter von bis zu 2000 Jahren geschätzt (Quelle Wikipedia).

Eine weitere schöne Station war die Fingerklippe – wo wir eine senkrechte Treppe hochsteigen mussten, um auf dem Tafelberg unser Nachtessen einnehmen zu können. Traumhaft diese Aussicht. Vor allem der Etosha-Nationalpark (siehe separater Bericht) und der Waterberg haben uns ebenfalls sehr beeindruckt. Ganz toll waren immer wieder überraschende Begegnungen mit den Wildtieren. Bei jedem Spaziergang und während unseren langsamen Fahrten hatten wir unzählige von diesen. Auch wenn wir gut 4 Wochen unterwegs waren – wir wären gerne noch viel länger geblieben – zudem wurde es immer wärmer. 

Wir fahren zurück nach Windhoek und durchfahren den Vorort Katutura – das bedeutet in der Sprache der Herero so viel wie „der Ort, an dem wir nicht leben möchten“. Wer da durchfährt, der tut gut daran, sehr wachsam zu sein. Uns war mehrmals mulmig. Die Regierung tut sehr viel, dass aus dem ehemaligen Armenviertel ein Ort entsteht, an dem man gut leben kann – mit heute viel Erfolg.

Namibia – mit ihrer atemberaubenden Landschaft, mit den Urpflanzen wie die Welwitscha, mit einer unvergleichbaren Tierwelt im Etosha Nationalpark und mit den freundlichen, fröhlichen und herzensguten Menschen haben uns für die eisige Kälte tausendmal belohnt. Zudem hatten wir das Glück, das grünste Namibia seit unzähligen Jahren sehen und erleben zu dürfen.

Reisezeit: März 2011