Das Leben hier ist oft sehr ungerecht.
Das erleben wir auch beim Schlendern durch die Gassen in Arequipa. Nebst den jeden Abend stattfindenden Demonstrationen bei der Basilika gegen die Mine sprechen uns – nebst vielen anderen – immer wieder Menschen aus Venezuela an, es sind Flüchtlinge, sie betteln. Das ist ein äusserst trauriger Anblick für uns. Ich (Kurt) bin nicht wirklich bekannt für den nettesten und zartbesaitesten Menschen – doch: Zwei junge Männer betteln uns zum zig-sten Mal an, wir gehen weiter. Man kann nicht immer helfen – das würde den Tag und das Budget irgendwann überstrapazieren. Dennoch: ich kehre um, gehe zurück zu den beiden 22-25 jährigen und frage, ob sie Hunger hätten. „Und wie…“ Ich sage ihnen, dass sie zeigen sollen, wo sie denn essen möchten – ich zahle. Sie wählen, wir gehen die Treppe hoch. Im Restaurant verlange ich von den verdutzten Kellnern die Karte. Sie wollen sie mir nicht geben – ich insistiere ziemlich eindeutig und erhalte die Karte. Die Jungs fragen nach einem Billig-Essen – ich verweigere das und verlange von den Kellnern, dass sie die Jungs bestens und anständig bedienen. Endlich sagen sie ja, ich gebe den Jungs genügend Geld und will gehen. Dann wird es schwierig für mich – sie springen hoch und bedanken sich sehr sehr überschwänglich… etwas viel für mich…..
Das ist nicht gut für die Welt. Wie kann eine Regierung sich verantwortlich zeigen, Millionen von Menschen zu verlieren (bis Dez 19 sind es über 5.5 Mio), die nötig wären für den Fortbestand eines Landes, junge Menschen, die das Land künftig prägen und führen sollen???? Ich bin nahe am Brechreiz……… doch auch das ist unser tägliches Leben hier in Südamerika – nicht nur in Peru. Wir erleben das dauernd – – und es belastet. Wir mögen das nicht wirklich – ist aber hier ein wichtiger Teil.
24h später werden wir echt sauer. Wirklich sehr sauer. Wir spazieren dieselbe Strasse hoch, beim selben Restaurant vorbei. Der Kellner von gestern kommt auf uns zu, aussergewöhnlich harsch, sehr bestimmt. Wir hören ihm zu. Er versichert sich, dass wir die sind, welche gestern den beiden Jungs… JA, sind wir. Er erklärt uns, dass die Jungs gestern für 60 bestellt hätten (wir gaben 70) und beim Bezahlen sagten sie, dass wir ihnen nur 20 für die Übernachtung gegeben hätten……… nicht mehr. Sie hätten kein Geld, um das ganze Essen zu bezahlen…..
So musste der Kellner die fehlenden 40 aus seiner Tasche zahlen – das seien für ihn mehrere Tages-Löhne…….. Solch einen Mist will man nicht wirklich….. Der Kellner erzählt uns das mit plötzlich bebender, weinender Stimme, er habe einfach nicht so viel Geld, um das selber bezahlen zu können. Wir geben ihm die fehlenden 40 und werden uns wohl in Zukunft etwas zurückhalten mit dem Goodwill……….. und es wird wohl wie immer die Falschen treffen.
Und genau solche Dinge passieren hier dauernd…… dennoch, wir bleiben bei unserer Einstellung, auch wenn wir wohl etwas vorsichtiger sein werden, mit all der damit einhergehenden Ungerechtigkeit.
Wir wissen, dass die Schlucht von Cotahuasi mit einer Höhendifferenz von 3‘535 m, zu den tiefsten der Erde gehört. Natürlich wollen wir das sehen – auch wenn wir es schon von früher her kennen – es ist immer wieder toll. Wir bleiben ein paar Tage hier, wandern und geniessen die wilde Natur und die Millimeter-Genauigkeit der Leute hier 😊 (Foto grünes Brückenschild). Wir ziehen weiter und so fahren wir durch eine wunderschöne wilde Schlucht dem Flüsschen entlang, immer höher, steiler, es wird immer enger und schliesslich sind wir wieder auf über 4‘000müM. In einem kleinen Dorf wollen wir kochen und übernachten. Doch vorher beschlagnahmen mich die Kinder – sie wollen mit mir Fussball spielen. Unglaublich, was diese kleinen Mädchen und Jungen mit dem Ball alles machen – man könnte richtig neidisch werden. Völlig ausgepumpt bin ich – kein Wunder – spiel mal mit Kindern mit Volldampf auf über 4‘000müM Fussball!!!
Am nächsten Tag fahren wir auf einem immer schlechter werdenden Schotterweg weiter. Die Gegend wird immer gebirgiger und schliesslich kommen wir auf eine Hochebene. Hier weiden viele Alpacas, Lamas und ein paar Schafe. Wir passieren eine kleine Adobe-Hütte, vor deren eine Familie im „Garten“ arbeitet. Wir halten an, denn wir haben zwei kleine Kinder gesehen. Diese nehmen unsere Spielzeuge noch so gerne entgegen und wir sind froh darum, denn wir wollen diese ja nicht hüten sondern verschenken, um neue kaufen zu können 😊. Wiederum fragen wir uns, was eine Familie mit Kleinkindern auf einer Höhe von über 4‘500müM in dieser einsamen Welt hält…..
Wir fahren weiter den Berg hoch, der Weg wird schlechter und schlechter, Schritt- oder maximal Joggingtempo ist angesagt. Dann kommt so was wie eine Abzweigung – wir entscheiden uns den Weg zu nehmen, den unser GPS anzeigt – die andere Strasse kennt es nicht. Ich bin allerdings äusserst skeptisch, denn die „nicht bekannte Variante“ hat so etwas wie eine (schwer zuerkennende Fahrspur), die GPS-Variante nicht. Lange schon ist hier niemand mehr durch gefahren…….
Wir schlängeln uns hoch und plötzlich sehen wir eine Herde Hirsche. Die leben auf einer Höhe einiges über 4‘500müM und sind äusserst selten – wenn überhaupt – zu sehen. Wir halten an und erfreuen uns an diesem traumhaften Anblick – welch ein Glück haben wir – quasi ein Lotto-Sechser…… SUPER.
Ein Weg ist kaum mehr auszumachen, was als solcher erahnt werden kann wird noch schlechter. Sprinti keucht zu den „sanften Klängen von den Krokus“ über das Geröll – gerade richtig diese „zarten Klänge“!! Dann folgt das Meisterstück: auf einer Höhe von 5‘200müM hat der Regen eine tiefe Furche gerissen – wir müssen aber durch!!
Joly steigt zum wiederholten Male aus und inspiziert. Ihre Mimik und Handbewegungen zeigen deutlich, dass wir wohl umkehren oder tatsächlich am Limit durch diese steile und sehr enge Passage fahren müssen. Sprinti gibt alles, es ist äusserst eng, steil, rutschig – wir sind am Limit. Mit allerletztem Schub gelingt die Passage………… 4×4 Roli wäre erstaunt und stolz über das, was unser Sprinti alles kann.
Weiter geht’s – im ähnlichen Stil. Dann kommt noch so ein Ding……. Durch den Regen hat es den Hang über den Weg gespült – viel Schotter liegt vor uns. Hier können wir unmöglich passieren – doof nur, es gibt keine andere Variante. Oben ist es zu steil und unten rutscht der Hang weg….. Aussteigen, ansehen, Vasec’s Schaufel (für Schweizer den „Knochen“) auspacken, bergseits abschaufeln und hangwärts aufschütten. So schaffen wir vielleicht die Schräglage – immerhin ist Sprinti 3.35m hoch und erträgt nicht so viel Schräglage wie ein Landrover!!! Bereits nach 1m würde er sich auf die Seite legen und den Hang runter rollen….. wollen wir nicht ….. Zum Unglück ziehen schwarze Wolken auf und wir sehen, wie es weiter vorn schneit…… Ich keuche wie eine alte Dampflock – schuften auf 5’200 m.ü.M ist keine Sache, die man liebt. Endlich können wir die Schräge überqueren, wiederum nahe am Limit – und es beginnt zu schneien……
Alles gut gegangen, wir sind wieder auf einer normalen, staubigen Strasse, das Wetter ist schnell gut geworden und wir sind froh, dieses Abenteuer gut überstanden zu haben. Das nächste Mal nehmen wir (vielleicht 😊) die „richtige“ Abzweigung.
Wir haben durch Zufall einen Hinweis gesehen der in etwa meinte, dass es so etwas wie „Schlumpf-Häuser“ geben soll, ganz „in der Nähe“. Wir suchen und finden den Weg. Schlussendlich müssen wir zu Fuss einen Hang hochsteigen und kurz darauf staunen wir – es sind tatsächlich Schlumpf-Häuser!!! Das Dach ist ein Fels, geformt wie eben die aus den Comics bekannten Häuser. Der Wohnteil ist einfach darunter reingebaut worden.
Hier leben 9 Personen, 3 Generationen. Wir dürfen ein Haus besuchen und staunen, wie spartanisch eingerichtet die Leute hier seit vielen Jahren leben. Der Grossvater habe hier sich vor vielen Jahren eingerichtet und die Jungen sind geblieben. Eindrücklich und absolut einmalig – wir geniessen den unerwarteten Anblick.
Bald darauf erleben wir wiederum eine Eigenheit von hier – sie erinnert uns an unsere Reise durch Vietnam. Bei der Bergauffahrt zu einem nächsten Pass – hier gibt es fast nur Pässe!! – müssen wir hinter ein paar Lastwagen anhalten. Baustelle, Motor aus und neugierig wie ich bin geh ich nach vorn. Über hunderte von Metern liegen Kies- und Sandhaufen auf der schmalen Strasse, KEIN Arbeiter zu sehen!!
Ein Lastwagenfahrer meint, dass die Strasse in vielleicht 2h wieder passierbar sei – die Arbeiter seien jetzt Mittagessen gegangen😊.
Nach langer Wartezeit kommt ein Mann, steigt in das Ripioauto (ähnlich einem Schneepflug) und beginnt, die Haufen zu glätten. Das ist für mich spannend zum Schauen, braucht jedoch recht viel Zeit. Als etwa gut die Hälfte der Höhe geglättet ist, werden auf der anderen Seite der Baustelle zwei Autos aufgefordert, durch das weiche Kies zu fahren – ich soll dann dasselbe von meiner Seite aus tun. Ich staune, steige nach den Fotos ins Auto und schwimme mehr als dass ich fahre über die „neue Strasse“. Herrlich einfach funktioniert die Welt hier – wir staunen und lachen.
In Cusco möchte Joly unbedingt eine Tour in den Manu-Nationalpark buchen. Auch wenn es mir ob dem Preis schier die Sprache verschlägt, buchen wir eine wöchige Tour – nur für uns alleine. Wir haben einen Minivan, einen Fahrer und unseren Guide, ein Biologe der Extraklasse. Zwischen den beiden sitzt ein dritter Mann, dessen Funktion wir beim besten Willen nicht erahnen können.
Den ersten Tag verbringen wir mit einer interessanten und abwechslungsreichen Autofahrt, besuchen unterwegs eine spezielle Bäckerei, alte Grabstätten und übernachten in einer Lodge. Wir staunen nicht schlecht, als „der dritte Mann“ sich eine richtige Kochmütze aufsetzt und für uns kocht – wir haben unseren eigenen Koch 😊.
Nach einer kurzen Fahrt mit dem Auto am nächsten Morgen hört die Strasse in einem klitzekleinen Ort namens Atalaya auf. Es geht ab jetzt aufs Boot auf den Fluss Rio alto Madre de Dios. Da Niedrigwasser herrscht, muss immer einer der beiden Bootsfahrer vorne sitzen und mit einem Stichel das Boot durch die Steinbänke führen. Anstrengend – für ihn. Wir geniessen die Schlangenfahrt durch diese Bänke und bestaunen die Vegetation und die Tiere.
Wir übernachten in einer der spärlichen Lodges und kommen wiederum in den Genuss eines 3-Gängers unseres Koches. Die Weiterfahrt wird noch spannender, denn in Boca del Manu biegen wir ab in in den Manu River. Dieser ist völlig braun, voller Sedimente, während der erste sehr steinig war und einigermassen klar/milchig. Statt Steinbänke sind es jetzt Sandbänke – nur die sieht man in der braunen Brühe nicht. Und dann noch etwas: TAUSENDE von Baumstämmen ragen aus dem Wasser – also wiederum Schlangenlinie fahren. Dumm nur, dass niemand weiss, wie tief und WO die Dinger im Wasser sind – für unsere beiden Bootsführer eine echte Herausforderung.
Übrigens: die Stämme müssen liegen bleiben, weil es ein totales Naturschutzgebiet ist. Nur bei der Flussmündung dürfen die bei Hochwasser runtergetriebenen Stämmen „abgefischt“ werden – nur von den Einheimischen, welche von der Holzverarbeitung leben. Das wird strikte überwacht.
Der Manu-Nationalpark ist riesig, doch nur ein ganz kleiner Teil darf besucht werden. Auf dem Foto (oben, dritte Reihe) siehst du grün den Park, Menschen leben nur im grau eingefärbten Teil. Besuchen kann man nur mit dem Boot den kleinen Teil bis zur „Casa Machiguenka Lodge“, wo wir auch geschlafen haben. Ein klein wenig weiter darf nur eine Handvoll Biologen, niemand anderes. Der riesige Restteil ist absolut unerforscht………
Warum? Im Dschungel leben heute noch eine unbekannte Anzahl Familien von Eingeborenen, den so genannten „no contactados“, den „Nichtkontaktierten“. Und das ist tatsächlich heute noch so. Niemand weiss, wo sie leben, wieviele es sind – man weiss NICHTS – und es soll so bleiben. Man wollte sie kontaktieren, doch die Leute (ebenfalls Einheimische!!) wurden bewaffnet angegriffen und vertrieben. Man habe sogar einen bewaffneten Angriff auf einen Vorposten der Rangers gehabt – man hat diesen dann aufgegeben – um die Leute nicht zu stören.
Woher man das weiss? Man hat früher mal Fotofallen für Tiere montiert und nebst Tieren halt eben auch Fotos von Menschen gefunden. Doch heute: absolut tabu für jedermann.
Der Nationalpark Manu ist ein wahres Paradies der Bio-Diversität. Hier leben mehr als 1000 Vogelarten und mehr als 200 Säugetierarten wie z.B. die berühmten Riesenotter, Jaguare, Tapire, Nachtaffen etc. (siehe Legende im Foto oben, dritte Reihe). Wir machen mit unserem Guide eine Nachtwanderung. Dabei zeigt er uns viele Tiere, die wir selber nie im Leben gesehen hätten. Mit unseren Stirnlampen sehen wir weit vorne etwas leuchten, gehen langsam dort hin. Das Leuchten verschwindet. Wir suchen – hier muss es sein. Nichts. Doch plötzlich sieht unser Guide einen halben Meter vor uns etwas – wir leuchten, gehen noch näher, denn wir sehen nicht wirklich etwas Konkretes im Laub. Plötzlich erschrecken wir, irgend etwas fliegt an uns vorbei…….. es war eine Eulenart, die am Boden nistet. Wir sehen nun das Kücken und auf dem Rückweg dann die brütende Mutter – kaum sichtbar. Herrlich.
Am nächsten Tag machen wir eine weitere Wanderung, eine Bootsfahrt auf einem kleinen See inklusive. Wir haben Glück und dürfen nebst den vielen und seltenen Vogelarten, Affen, Kaimanen und Capivaras auch einer Riesenotter-Familie mit 7 Jungtieren beim Fischen zusehen.
Am Abend werden uns frisch gefischte Piranhas aufgetischt… Schmecken eigentlich ganz gut – sie haben einfach „nicht so viel Fleisch am Knochen“😊
Hier noch eine kleine Auswahl an Flora:
Wir fahren weiter südwärts, Richtung Bolivien. Dort wollen wir unser Freunde aus Deutschland treffen.
Eine wunderschöne Fahrt führt uns auf einer immer schmaler werdenden „Strasse“ in eine Schlucht. Wir passieren zwei kleine Dörfer, es scheint, als ob hier ein Fest stattfindet. Im 2. Dorf wissen wir dann mehr. Ich lasse ein Auto kurz vor dem Dorfeingang überholen. Ein paar Minuten später steht dieses Auto mitten auf der Strasse bei den ersten Häusern des Dorfes. Wir halten hinter ihm – was ist los?? Auf dem Boden sehen wir den Schriftzug „Bienvenido“ und andere. Ein Eingangstor ist hübsch geschmückt. Und dann sehen wir ihn: ein Bischof gibt allen Leuten die Hand und spricht mit ihnen.
Später komme ich mit ihm ins Gespräch. Er erzählt mir, dass er in den nächsten Tagen in der ganzen Gegend die 1. Kommunion abhalten werde – in 34 (vierunddreissig) Orten!! Und das in einer Gegend, die oft nur schwer passierbare Wege hat – der Mann verdient sein Geld hart. Und noch was Herrliches: der Bischof und der Dorfpfarrer nehmen den Kindern und später den Erwachsenen die Beichte ab – in einer Ecke in der Kirche und draussen vor der Kirche – alles öffentlich 😊.
Beim Spaziergang durch das Dorf erlebe ich wiederum, wie hier die Frauen unglaublich schwere Arbeiten verrichten – 4 Frauen leeren einen Lastwagen voller Kies mit Schaufeln!!
Auf der Weiterfahrt kommen wir in die Gegend des Vulkans Ubinas, der vor kurzem 2 Mal hoch ging und mit seinem Ascheausfall die kleinen „Dörfer“ in der Gegend unbewohnbar machte. Beinahe 1000 Personen mussten evakuiert werden (wir haben in Arequipa Sammelstellen für diese Leute gesehen). Anders als in Sizilien und Aquila in Italien, wo die Leute nach Dutzenden von Jahren noch auf Hilfe warten, wurden hier unverzüglich Wohncontainer geliefert, sie wollen weiterhin hier leben und ziehen nicht weg.
Haben wir richtig gesehen? Wir haben schlecht lesbare Plakate und andere Hinweise gesehen – schon bei der schönen Schlucht mit den Dörfern, wo der Bischof sein Geld verdiente, auch später bei den schwer passierbaren Pässen und nun schon wieder. Ich halte an und will die Details lesen. Scheinbar durchfahren wir seit unzähligen km eine Gegend, durch welche die Dakar-Rally gefahren ist. Wir sind verblüfft, denn auf diesen „Wegen“, Steilhängen, ruppigen Schotter- und Sandpisten kann man sich solches schier nicht vorstellen. Viele Stellen sind so richtig schmal und bei einem Fahrfehler – bei diesen unglaublichen Tempi …….. unvorstellbar, beeindruckend.
Relativ kurz vor der Grenze erleben wir noch etwas Spezielles. Nach einer interessanten Passage durch Sand und wunderschönen Lagunen kommen wir auf eine Hochebene. In der Ferne sehen wir eine weisse Wolke – ups, doch bitte keinen solch dicken Nebel, macht doch keinen Spass, denke ich. Wir fahren vorsichtig in diese Wolke. Es ist kein Nebel sondern ein wirklich heftiger Sandsturm aus weissem Sand……… die halbe Strasse ist zugeweht. Nach wenigen hundert Metern ist der Spuk vorbei – wir sind froh und um ein neues Erlebnis reicher.
Nun ist es aber höchste Zeit für uns um nach Bolivien zu fahren. Unsere Freunde werden in Kürze in La Paz eintreffen….
Liebe Leserinnen und Leser, normalerweise schreiben einen Teil des Berichtes unsere Mitreisenden. Diesmal ist es aber anders – die Gesundheit des angedachten «Reisejournalisten» spielte ihm (und uns) einen Streich ☹.
Kurz vor seiner Abreise aus Deutschland wurde unser Freund Andy krank. Nur dank einer verschriebenen Rosskur durch den behandelnden Arzt konnte er die Reise nach Bolivien antreten. Doch die Höhe von 4’100müM bei seiner Ankunft war für Andy nicht wirklich fördernd. Keuchend, bleich und hustend kam er aus der Ankunftshalle. Alle Heilmittel und Elixire halfen nicht – im Gegenteil… und als würde das nicht genügen, bewies Jürgen seine echte Freundschaft und kränkelte mit Andy im friedlichen Einklang.
Die beiden keuchten um die Wette – trotzdem gondelten sie tapfer mit den eindrücklichen Telefericos (10 Seilbahnen) über die crazy-Stadt La Paz, flanierten durch die Einkaufsstrassen, besuchten das wunderschöne «Valle de la Luna» mit seinen bizarren Felsformationen und machten das von uns vorgegebenen Programm mutig mit. Doch eine wahrhaftige Taxi-Höllenfahrt am Abend raubte den Armen den allerletzten Atem und somit waren sie fix und fertig, total erledigt.
Doch dann einer der Höhepunkte in La Paz, resp in seiner Umgebung. Alle haben sich trotz den Widerwärtigkeiten entschieden, die so genannte «Death Road» mit dem Fahrrad zu bewältigen – sie wird heute noch als «die gefährlichste Strasse der Welt» bezeichnet.
Man fährt frühmorgens mit dem Kleinbus auf immerhin 4’700müM. Etwas später wird man eingekleidet und eingewiesen. Und ab geht es…… Die ersten ca 10km sind gemütlich, man fährt auf einer sehr guten und asphaltierten Strasse bergab und wir können uns an die Kleidung und Fahrräder gewöhnen. Danach folgt eine Gegensteigung, weshalb alle Räder wieder aufgeladen und wir ein paar km weitergefahren werden, zum eigentlichen Beginn der Schotterpiste.
Es werden ja unglaubliche Geschichten geschrieben über diese Strasse. Wenn man Berichte liest, muss man annehmen, dass die Strasse wirklich lebensgefährlich ist. Das WAR sie, damals als noch der ganze Verkehr über diese Strasse führte. Es gab jährlich viele viele Tote, weit über 200 Unfälle pro Jahr…………. Ich (Kurt) hatte vor 13 Jahren das Glück, diese Tour noch mit Verkehr mit dem Rad und einem Van fahren zu können. War spannend aber aus meiner Sicht trotzdem wenig gefährlich (sofern man den Kopf eingeschaltet behielt).
Doch heute? Heute ist es nichts anderes als eine recht gemütliche Fahrt über eine rund 45km bergabführende Schotterpiste, absolut kein Verkehr, viele Fotostopps, 2,3 Wasserfälle und Wasserdurchfahrten – sonst nichts – wird aber sehr gut verkauft. Gefährlich? Absolut nicht. Das wirklich interessante ist aber immer noch die Vielfalt der Gegend – man fährt von Hochalpin runter in den Dschungel. Eine schöne und fantastische Biodiversität begleitet uns auf dem ganzen Weg.
Unten angekommen, gönnen wir uns ein Bier, etwas zu essen – wer will kann duschen und baden – und dann geht’s wieder zurück nach La Paz – notabene auf der neuen, asphaltierten Strasse.
Unsere Reise in Bolivien stand im Zeichen der Wahlen und somit hatten die Bolivianos eine sehr gute Ausrede für alles was nicht klappen sollte. Zum Glück waren die Tage in La Paz vorbei, denn die Protestmärsche und der dazugehörende Lärm waren schon eindrücklich. Am nächsten Tag sollte unser Flug uns um 09.40h nach Sucre bringen, wo 2 Tage eingeplant waren.
Doch erstens kommt es anders und 2. als man denkt…….
Als ich (Joly) am Vorabend einchecken wollte hatten wir die 1. Überraschung. Unser geplanter Flug von La Paz nach Sucre wurde ohne irgendwelche Vorinformationen an uns stillschweigend geändert. Grund dafür: die Wahlen ☹☹☹ Warum und wieso die Wahlen die Flüge beinträchtigen können, konnte uns niemand auf verständliche Weise erklären – als Allerweltsargument wurde es aber auch künftig noch häufiger eingesetzt……
Nur nach vielen Telefonaten und Gesprächen konnten wir dann doch noch fliegen jedoch mit Zwischenstopp in Cochabamba und anschliessend Sucre. Also statt 1 Stunde 5 Stunden….. Ein wunderschöner und ruhiger Flug mit Sicht auf den Berg Illimani entschädigte uns ein wenig.
Am Flughafen von Sucre wurden wir von Rox, unserer liebgewonnenen Kollegin welche unsere Reise organisierte, zum 2x überrascht.
Statt den vorgesehenen 2 Tage in Sucre mussten wir bereits am nächsten Morgen die Stadt fluchtartig verlassen. Vorangekündigte Blockaden für die nächsten Tage hätten uns die Weiterfahrt erschwert oder sogar verunmöglicht. Wir hatten somit am Abend gerade noch die Zeit, um die berühmten Dinosaurier-Spuren und die Plaza zu besuchen.
Auf die von Rox organisierte wunderschöne und sehr temperamentvolle Abendshow mussten die 2 Kranken und Ines verzichten, denn am nächsten Tag ging es bereits um 07.00h los und zwar nicht in Richtung Potosi wie vorgesehen (hier waren alle Strassen bereits blockiert), sondern nach Tupiza, was einen Umweg von zusätzlichen 240 Km bedeutete!!!
Es erübrigt sich zu beschreiben, wie unsere Gemütslage war……..
Zum Glück hatte sich, dank der liebevollen Betreuung von Ines, der Gesundheitszustand von Jürgen verbessert. Doch Andy blieb hart – oder besser gesagt, der Virus war stärker und liess sich nicht vertreiben.
Der Weg nach Tupiza schlängelt sich abwechslungsweise mal rauf mal runter. Eine wunderschöne und abwechslungsreiche Landschaft begleitet uns. Immer wieder kommen wir an ursprünglichen Dörfchen vorbei, wo das Leben zur Hauptsache auf der Strasse stattfindet. Und genau in so einem Dörfchen machen wir einen Rast um etwas zu essen.
Nein liebe Leserinnen und Leser, nicht an einen Tisch mit Stühlen, Besteck etc… sondern mitten auf der Strasse. Der Tisch war das Hinterteil des Autos, das Besteck unsere Finger – wie Ines gesagt hat – „wie bei den Kannibalen“. Geschmeckt hat es trotzdem!!!
Wir fahren hoch nach Uyuni, denn wir wollen unseren Freunden die Salzwüste und die Lagunenroute zeigen. Übernachtet haben wir im „Palacio de Sal“ – dieses ist wirklich teilweise mit Salzblöcken gebaut, ist sehr schön, hat ein wunderbares Ambiente – so richtig zum Freude haben.
Am nächsten Tag fahren wir in den Salar, vorbei an der Stelle, wo wir vor wenigen Monaten unseren Sprinti «in das Salz setzten» – die Spuren sind heute wegen dem nun fehlenden Wasser sehr gut zu sehen.
Wir machen einen obligaten Halt beim Dakar-Monument (auch aus Salz), besuchen das erste Salzhotel (praktisch alles aus Salz gebaut), die Fahneninsel und fahren weiter zur Kaktus-Insel Incahuasi.
Dieser Ort ist an sich schon einmalig, nun blühen auch noch die Kakteen – was für eine Pracht. Nach der Besteigung «des Berges» verwöhnen uns unsere Fahrer und der Guide mit einem tollen Mittagessen. Weiter geht es an den Fuss des Vulkans Tunupa.
Übernachtet wird im Hotel Tayka de Sal. Auch dieses – wie alle Sal Tayka-Hotels – wurden von den einheimischen Familien des Dorfes aus zigtausenden Salzblöcken gebaut und werden von ihnen auch betreut. So verdienen die Familien direkt vom Tourismus, was wir natürlich toll finden.
Ab geht es auf die Lagunenroute – das ist die Route, wo Sprinti vor einiger Zeit höllisch arbeiten und so richtig leiden musste. Wo unsere Fahrer mit ihren Landcruisern Tempo 50 blochen, mussten wir runter auf Joggingtempo. Wir besuchen viele Lagunen, natürlich auch die Colorada, Hedionda, Chiar Kota und weitere. Im Canyon de Inca sehen wir viele Viscachas (Chinchilla-Art) – Joly kann sogar bis auf gut 2m ran zum Fotografieren.
Und wir fahren an DER Stelle vorbei, wo es für Sprinti damals „ziemlich eng und schräg“ wurde. Wir staunen, was unser lieber Sprinti damals alles geleistet hat. Auch unsere Fahrer mussten oft – sehr oft und gerade an dieser Stelle – runter auf weniger als Schrittempo, so heftig kann die Lagunenroute sein.
Wir fahren zurück nach Uyuni, besuchen noch den Eisenbahnfriedhof und gehen früh schlafen – der Rückflug nach El Alto (La Paz) steht leider bereits bevor. In weiser Voraussicht hat Joly für unsere Freunde ein Hotel ganz in der Nähe des Flughafens gebucht (1km), denn ihr Flug ist sehr früh am Morgen – Aufstehen kurz nach 4h ist angesagt.
Und unsere Nase sagte uns, dass wir ein Vorabend-Checkin am Flughafen versuchen sollten (per Internet hat nichts funktioniert). Somit fahren wir zum Flughafen und werden wiederum überrascht – die Namen unserer Freunde wurden im System gefunden, doch keine Flugdaten waren vorhanden. Nach über einer Stunde debattieren, suchen, telefonieren und viel Geduld hat dann doch alles geklappt. Und wieder waren die Wahlen der Grund dafür…..
Und es kam so wie es kommen musste: als unsere Freunde in aller Hergottsfrühe ein Taxi zum Flughafen nehmen wollten, war die Strasse bereits total zu, Totalblockade. Niemand konnte passieren – ausser zu Fuss. Niemand liebt es, am frühen Morgen mit Gepäck 1km zu spazieren ☹, doch alles ging gut und unsere Freunde sind gut in Deutschland angekommen.
Liebe Freunde, es war wiederum eine wunderschöne Zeit mit Euch.
Bolivien hat es in dieser kurzen Zeit geschafft, uns zu ärgern, zu überraschen und zu erfreuen.
Das ist Südamerika – und auch deshalb fühlen wir uns hier so wohl!!!
Wir müssen jetzt jedoch weiter ziehen. Die politische Lage in verschiedenen Staaten wie z.B. Bolivien, Peru und Chile zwingen uns wieder nach Argentinien und Paraguay zu „fliehen“ – zudem muss Sprinti wieder einmal in die Garage 🙁 mehr dazu beim nächsten Bericht.
In der Zwischenzeit wünschen wir euch wunderbare und friedliche Festtage und einen guten Rutsch in das Neue Jahr.
Wir freuen uns, von euch zu hören/lesen.
Joly und Kurt