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16 – CH_AR Abschied vom Süden

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Vielen herzlichen Dank für die guten Wünsche, die ich nach der Operation erhalten habe. Es geht mir gut, recht gut. Nachdem ich 32h nach meiner Rückenoperation das Spital verlassen habe – OHNE dass mir der Arzt oder die Physio spezielle Übungen aufgetragen haben – war etwas Relaxen angesagt. Kurz darauf sind wir wieder wie gewohnt weitergereist, haben wunderschöne Gegenden gesehen, tolle Städte und Dörfer besucht und sind wunderbaren Menschen begegnet.

Hier die gefahrene Rute: https://www.google.com/maps/d/edit?hl=de&mid=1N1Nf1859YRHULJqk3OQH2w6VYFPxXmw5&ll=-31.006939711768677%2C-68.582945&z=5

Viña del Mar und Valparaiso waren solche Städte. Die erste absolut modern, neu, gepflegt, ein Badeort am Meer. Die zweite eine alte Hafenstadt mit vielen Hügeln, alten Häusern und fantastischen Wandmalereien. Sie wurde früher mit über 30 Standseilbahnen erschlossen, heute sind wieder etwa 15 in Betrieb, es werden sogar neue gebaut. Eine echt tolle Sache diese Kurzbahnen, welche von ca. 45 Grad bis über 70 Grad Steigung überwinden – und das mit fast ausschliesslich sehr altem Material.
Wir haben einige Nächte direkt über dem Hafen auf einem kleinen Parkplatz bei einer solchen Standseilbahn geschlafen. So konnten wir die Arbeiten auf dem Hafengelände beobachten. Unzählige Lastenzüge, viel Arbeit von den Hafenkränen beim Be- und Entladen der Schiffe. Ich habe sehr viel Zeit mit Zuschauen verbracht – wie ein kleiner staunender Junge.
Auf den Hügeln sind einige wirklich hübsche Quartiere, alt, teilweise wunderschön restauriert, meist jedoch in nicht allzu bestem Bauzustand. Manchenorts sind die Hausfassaden künstlerisch recht wertvoll, kreativ und oft wunderschön mit Farbe gesprayt oder gemalt. Nachstehend einige Fotos von dieser interessanten Stadt.
Wir haben in Viña del Mar und in Valparaiso auch die Museen Fock und der Marine besucht. Das erstere ist recht klein, jedoch von der Gestaltung und der Ausstellungsstücke her wohl das schönste, was wir bisher gesehen haben – absolut eindrücklich.

Auf unserer Weiterfahrt durch wunderschöne, hüglige und damit kurvige Gegenden sind wir östlich von Talca an einen etwas abgelegenen Ort gekommen (logisch: Tipp von Einheimischen), den Parque Nacional Radal Siete Tazas. Wie der Name es andeutet führt ein Bach/kleiner Fluss durch ein wunderschönes bewaldetes Tal, es gibt einige Wasserfälle, der wohl schönste ist der „Salto La Leona“ und eben die „Siete Tazas“, die sieben Tassen. Das sind durch den Fluss geschaffene Wasserpfannen, welche wunderschön anzusehen sind. Wir geniessen ein paar Tage in diesem kleinen Paradies für einmal auf einem Camping und haben wiederum mit vielen neugierigen Einheimischen netten Kontakt.

Wir fahren weiter südwärts, passieren Los Angeles – NEIN, wir haben uns nicht verfahren, die Stadt gibt es tatsächlich in Chile – und noch einiges weiter südlich haben wir den Tipp bekommen, in ein kleines Dorf namens Capitan Pastene zu fahren. Das ist ein von Italienern gegründetes Dorf inmitten im Nada – in einer Sackgasse. Hier wurde und wird sehr viel Holzwirtschaft betrieben (Eucalyptus) und in zwei Häusern (klarerweise mit Restaurant) werden Tausende von Schinken verarbeitet. Logisch, dass wir hier bleiben, das Museum und die Restaurants besuchen und uns mit leckeren Esswaren eindecken. Lustig ist auch, dass im Dorf noch das Originalkino aus der Gründerzeit steht. Wir besuchen es und sehen in der Originalbestuhlung den Film des Dorfes in diese Zeit. Beim Betrachten der orignialen Filmplakate kommen alte Erinnerungen auf – sehr viele kennen wir aus unserer „etwas längeren Vergangenheit“ – – cineastische Jugenderinnerungen werden wieder wach. Wir erfreuen uns am friedlichen Dorf, in welchem die zahlreiche Jugend spielerisch und lachend gemeinsam im Dorfpark Gymnastik betreibt. Natürlich darf ein richtiges italienisches Abendessen nicht fehlen – wir geniessen es in vollen Zügen, es ist einfach fantastisch.

Wir überqueren zum x-ten Mal die chilenisch/argentinische Grenze und fahren Richtung Norden, denn diesen Teil von Argentinien (Westen) kennen wir noch nicht. Eigentlich wollen wir zur Weinlese und dem Weinfest von Mendoza pünktlich sein. Viel wird über diese Stadt und den Wein geredet und geschrieben. Klarerweise machen wir eine grosse Stadtrundfahrt – das tun wir immer bei grösseren Städten. So können wir uns in kurzer Zeit einen guten Überblick über die Stadt verschaffen und wissen, wo wir nochmals hingehen wollen und wo eher nicht. Herrlich und typisch: wir sitzen wie die meisten Leute auf der oberen Plattform des Busses. Alle 2 Minuten werden wir von der Reiseleiterin sehr eindringlich vor den vielen tiefhängenden Ästen gewarnt – zu recht, denn diese sind nicht nur massenweise vorhanden, sondern knallen so richtig IN den Bus hinein. Wir müssen mehr auf die Äste achten als auf die kaum vorhandenen Sehenswürdigkeiten von Mendoza (abschneiden wäre eine mögliche Variante 😊). Wir sind etwas enttäuscht von der Stadt und fahren ungeplant VOR dem grossen Weinfest ab, denn wir haben uns erkundigt was wo wann läuft, haben einiges davon gesehen – oder eben auch nicht – denn es war kaum vorhanden (viel Werbung für wenig).

Wir fahren weiter nach Norden und kommen in das Dorf Uspallata, denn „in der Nähe“ ist MEIN Pass, den ich unbedingt fahren will, der Paso Uspallata oder Paso de la Cumbre mit der Statue „Christo Redentor“, ein Grenzpass zu Chile. Joly sucht wie immer vorher in unserem GPS (Maps Me) ein Café im Dorf, wo wir uns etwas ausruhen und die Pläne für die nächsten Stunden schmieden können. Wir gehen ins Cafe „El Tibet“ und fragen uns, weshalb es so heisst und warum mehrere tibetanische Einrichtungsgegenstände vorhanden sind. Wir erfahren: das sind Originalstücke vom Film „7 Jahre im Tibet“ mit Brad Pitt, denn ein Grossteil des Films wurde hier in der unmittelbaren Umgebung gedreht……………. Wir staunen und staunen noch mehr, weil nichts, aber auch gar nichts, weder im Dorf noch in der Umgebung, an den Film erinnert. Ausser den Einrichtungsgegenständen im Café gibt es absolut nirgends einen Hinweis auf den Film, obwohl hier ein Teil von Lhasa mit dem Potala-Palast nachgebaut wurde. Da hat wohl der argentinische Tourismus sehr tief geschlafen, schade.

Wir fahren am nächsten Morgen durch eine breite und wilde Schlucht Richtung Pass und staunen plötzlich. Wir halten an einen Ort, der ein paar Hütten und einige so richtig touristische, einfache Läden hat, steigen aus und sind verblüfft. Wir sehen die „Puente del Inca“, die Inca-Brücke. Hier und nur hier tritt Schwefelwasser aus dem Berg und hat über die Jahrhunderte eine tolle Formation gebildet. Die Engländer haben um 1900 hier in der Schlucht eine Eisenbahn gebaut (viele Teile und auch ein Tunnel sind heute noch sichtbar) und haben diese Schwefelquelle entdeckt. Klarerweise haben sie ein Bad gebaut und über einige Jahre war hier DIE angesagte Heilquelle par excellence.

Kaum 5 km weiter fahren wir an einen MUSS-Ort für uns – wir wollen den höchsten Berg ausserhalb des Himalyas sehen, den Aconcagua, 6‘962 m. Ich bin überglücklich, dass ich hier zum ersten Mal nach der OP eine über 2-stündigen Wandertour (auf dieser Höhe und über Stock und Stein) schadlos überstehe. Wir sehen eine sehr eindrückliche Landschaft und sind nicht schlecht überrascht, dass wir auf über 4‘000m.ü.M an einem sehr steilen Hang über uns rund 30 Wildpferde sehen.

Danach fahren wir zum Pass, dem Paso Uspallata oder eben la Cumbre. Wenn man nach Chile will (oder umgekehrt) führt seit vielen Jahren ein Tunnel durch den Berg. Aber wir wollen die alte Passtrasse befahren mit ihren vielen Spitzkehren. Schau dir das Ding mal in Google-Maps an, vielleicht verstehst du dann meine Freude an diesem kurzen und steilen Pass. Klar, dass ich die wesentlich steilere chilenische Seite ebenfalls fahren will, etwas anstrengend mit einem so schweren Auto, doch es ist ein richtiger Genuss. Da der Grenzposten von Chile einiges weiter unten ist als der Tunnel können wir ohne Passformalitäten durch den Tunnel wieder zurück nach Uspallata. Sehr eng, unbeleuchtet, mit so richtig heftigen Bodenwellen – abenteuerlich. Einfach herrlich dieser eindrückliche Tag.

Am nächsten Morgen fahren wir weiter nordwärts, besuchen kurz eine Inca-Ausgrabung direkt an der Strasse und freuen uns an der wiederum eindrücklichen Gegend. Es muss vor kurzer Zeit geregnet haben, denn wir sehen ein frisch ausgetrocknetes Schlammbad. Wir freuen uns über die durch das Austrocknen entstandenen geometrischen Formen und ich will testen, wie tief meine Hand durch die Spalten eindringen kann – es sind „einige Zentimeter“ 😊.
Dann, plötzlich sehen wir hinter den Hügeln versteckt wieder mal unglaublich farbige Berghänge – wie in Purmamarca und dem Hornacal. Wir suchen einen Weg dorthin – keine Chance, es gibt absolut keine Möglichkeit. Auch Joly findet auf unserem GPS absolut nichts. Enttäuscht fahren wir weiter – es ist unglaublich heiss und der lange Weg zu Fuss wäre fast nicht machbar. Plötzlich sehe ich einen unscheinbaren, verblassten kleinen Wegweiser, „Cerro 7 colores“, Berg der 7 Farben. Rückwärtsgang rein und dann über einen zu Beginn richtig holprigen Weg in die besagte Richtung. Wir sind völlig überrumpelt ob der unglaublichen Farben, die hier durch den Regen aus den Bergen gewaschen wurde. Wir wandern trotz der höllischen Hitze durch die Farbhügel, sehen sogar ein paar kleine längst verlassene Minen und knipsen so richtig drauf los.
Beim Schreiben dieser Zeilen haben wir herausgefunden, dass in unmittelbarer Nähe ein ebenfalls recht farbiger Berg ist, der Cerro Alcazar. DEN haben wir nicht gesehen, dafür dieses praktisch (bis heute wenigstens) unbekannte Idyll.

Da wir noch Cordoba besuchen wollen – eine überschaubare, friedliche Stadt – fahren wir über La Rioja westwärts dorthin, bleiben zwei Tage und fahren dann weiter nordwärts. Kaum 50 km ausserhalb Cordobas fahren wir durch eine „Leckergegend“. Überall am Strassenrand sind Läden mit dem Hinweis, dass man hier Salami, Wein und Öl bekommt. Klar halten wir an – Joly will „sich nur etwas umschauen“ und es wird so richtig teuer……….
Wir hören, dass am Dorfrand eine schöne Jesuiten-Hazienda sein soll, also fahren wir hin. Es ist ein wirklich hübsch hergerichtetes Museum, welches über die Zeit der Jesuiten Auskunft gibt. Was uns viel mehr anspricht und interessiert ist, dass die beiden Dörfer „Jesus Maria“ und „Colonia Caroya“ (in denen wir sind) durch Italiener gegründet wurden. Wir lesen die äusserst interessante Geschichte, bestaunen Ausstellungsstücke (von denen wir viele noch selber erlebt haben) und können sogar die Originalbücher der Gemeinde von damals bestaunen, in welchem die Einwohner und Geburten, Todesfälle etc. aufgeführt wurden – mit einer wunderschönen Handschrift.
Etwas entfernt hören wir einen Lautsprecher – irgendetwas muss also hier im Dorf los sein, nichts wie hin. Eine Pferdeveranstaltung – siehe nachher unter Rodeo.

Einige Km östlich der Stadt San Juan (Argenginien) in dem Ort Vallecito liegt der Wallfahrtsort der Difunta Correa. Die Legende rankt sich um Maria Antonia Deolinda Correa und ihren Sohn. Maria folgte ihrem Mann, der im Bürgerkrieg 1841 gefangen genommen wurde. Sie wanderte durch die Wüste, ihren Säugling auf dem Rücken, verlief sich und starb an Hunger und Durst. Einige Tage später fanden einige Maultiertreiber die Leiche der Frau, das Kind überlebte. Es lag säugend an der Brust der toten Mutter. Genau an dieser Stelle liegt heute der Wallfahrtsort Difunta Correa – der entschlafenen Correa. Es ist heute einer der populärsten Wallfahrtsorte in Argentinien und wird von Lkw – Fahrern und auch Reisenden besucht, die für eine sichere Reise beten. Im ganzen Land finden sich kleine Schreine und Kapellen, meist werden Wasserflaschen als Gabe neben die Schreine gelegt, Argentinien ist sehr trocken und Wasser fehlt meistens. Sollte man ein Problem haben und Wasser benötigen, so kann man sich jederzeit an diesen bedienen (wir lassen das lieber sein, denn: wie lange liegt hier welches Wasser in welcher Qualität??). Gleiches gilt auch für den Gauchito Gil (unser Bericht unter «Sara und Bulli»), bei dessen grösseren Schreinen «der nicht wirklich abergläubische Kurt» auch heute noch jeweils 3x hupt. 😊

Was uns natürlich immer wieder auffällt, sind die Unmengen von Kreuzen, kleinen und grossen Grab-Häuschen und dergleichen, die wir am Strassenrand immer wieder sehen. Es ist absolut nicht übertrieben wenn wir schreiben, dass im Schnitt nach weniger als einem Km ein solches steht. So haben wir inzwischen Tausende gesehen, viele kleine, oft riesige Grabstätten. Dass dies nur logisch ist, müssen wir leider täglich auf unseren Fahrten erleben. Die Argentinier sind wesentlich aggressiver im Verkehr als die Chilenos, die Bolivianer schlagen die Argentinos nochmals – – und uns schwant Schlimmes, wenn wir an Peru denken.
Es ist nicht mal das Rasen, das findet nicht mal sooo häufig statt. Es ist das absolut dümmliche Überholen, was es ausmacht. Tausendfach haben wir es erlebt: gerade Strecke, schnurgerade, kein Hügel. Ich gebe das Blinkzeichen, dass man mich überholen kann. Sie fahren mir 1-2m an den Hintern, überholen nicht. Dann – kurz vor einer Kuppe und /oder unübersichtlichen Kurve sind sie plötzlich da, überholen. Es ist schier unvorstellbar, doch sie tun das, täglich zig-fach. Schon mehrfach war es dann echt eng, sehr eng – doch zum Glück mussten wir noch nie direkt einen Unfall mitansehen. Nur die Unmengen an völlig demolierten Autowracks an der Strasse und bei den Polizeistationen sprechen Bände. Auch sind die Strassen gesäumt von völlig zerschlissenen Pneus und Pneuteilen. Dies ist die Folge von den vielen echt tiefen und grossen Löchern in der Strasse, den auf vulkanisierten Pneus, den vielen Wellen, Rinnen und einiges mehr. Hier fahren hat immer etwas Abenteuerliches und auch Gefährliches an sich.
Wir sind dankbar und froh, dass wir bisher nur einen heftigen Steinschlag in die Frontscheibe erhalten haben. Dieser Schaden wurde perfekt geflickt, besser kann man es in der Schweiz nicht machen. Freunde von uns haben in drei Jahren 5 (FÜNF) Frontscheiben wechseln müssen……….. Weiteres Glück haben wir, weil wir erst einen einzigen Pneuschaden erlitten haben. Ein messerscharfer Stein, gross und scharf wie eine Speerspitze, hat sich bei einer Ripiostrasse in den Pneu gebohrt. Wir konnten noch bis zum nächsten Städtchen fahren um den Schaden dort beheben zu lassen (schleichender Plattfuss). Unser Flickwerkzeug haben wir demnach noch nie brauchen müssen – – wir sind froh und dankbar, es soll so bleiben!

Wir lesen zufällig am Wegesrand von einem Meteoritenfeld «in unserer Nähe». Noch nie von dem gehört, also hin. Dort lassen wir uns erklären: Vor 4000 Jahren war eine zwischen den argentinischen Provinzen Chaco und Santiago del Estero liegende Gegend der Schauplatz des als „Campo del Cielo“ (Himmelsfeld) bekannt gewordenden Meteoritenschauers. Die Spuren ihrer Materie lieferten den Beweis für den Ursprung des Sonnensystems. Ein mehrere hundert Tonnen schwerer Eisenasteroid aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter zerfiel beim Eintritt in die Erdatmosphäre in mehrere Teile, die in einem Umkreis von 80 km in Form einer Traube einschlugen. Man hat viele dieser Teile gefunden, kleine, grössere, ganz grosse. Den grössten (scheinbar der 2. grösste weltweit mit 37 Tonnen) haben wir nicht gesehen, aber Joly posierte vor einem Riesending, welches immerhin 10 Tonnen auf die Waage bringt.
Wir besuchen das kleine Museum, schauen einen entsprechenden Film und in dem wird mitgeteilt, dass man rund 1/3 der Meteoriten gefunden und ausgegraben hat. Ich, Kurt, staune und frage mich: Wenn vor so langer Zeit eine Unmenge von Meteoriten eingeschlagen sind, KEINE wirklichen Spuren sichtbar sind, woher weiss man, dass man 1/3 gefunden hat???? Ich schmunzle und freue mich dennoch, diesen interessanten Ort besuchen zu dürfen.
Auf dem Rückweg staunen wir nochmals und zwar von der unglaublichen Grösse der hier tausendfach herzumfliegenden Heuschrecken. Sie sind zw. 10 und 15 cm lang und fliegen teilweise einzeln, oft in Gruppen umher. Ein spektakulärer Anblick für uns.


www.campodelcielo.info/indexde.html

Während wir auf einer Ripiostrasse fahren, stoppe ich plötzlich und fahre zurück, steige aus. Zwei Esel stehen im Gebüsch am Wegesrand – ich gehe zu ihnen und dann zurück zum Sprinti und muss Joly Schreckliches mitteilen. Einer der beiden Esel hat sich mit den Hinterbeinen in einem Stacheldraht total verkeilt, mehrere offene und sehr tiefe Wunden bluten stark – und das sicher seit längerem. In der Hektik vergesse ich zu denken und will das arme Tier mit blossen Händen aus dem Drahtgewirr befreien. Dieses wehrt sich trotz seiner Schwäche heftig, wohl aus Schmerzen und Angst. Ich bekomme das zu spüren – und wie ☹. Wir sind ja ausgerüstet und ich hole aus der «Garage» den Werkzeugkoffer, entnehme einen Kabelschneider (in Ermangelung einer Beisszange) und gehe wieder zum Esel. Die gedrehten Drähte durchschneiden geht nur einzeln, in mühsamer Kleinarbeit und ich werde immer wieder durch das heftige Wehren des armen Tieres unterbrochen. Mehrfach fliege ich ins Gebüsch auf meinen Hintern – doch irgendwann schaffe ich es, alle Drähte durchzuschneiden. Das Tier ist frei und ich habe lediglich ein paar blutende und blaue Andenken (immerhin Handschuhe tragen wäre keine schlechte Idee gewesen………..). Unterdessen schneidet die umsorgende Joly eine grosse Wasserflasche auf, füllt den Bodenteil mit Wasser und will das zitternde Tier damit bedienen. Nach mehreren Versuchen beruhigt es sich ein wenige und es säuft endlich das Wasser – Zeit sich langsam zu entfernen. Wir organisieren durch einen zufällig vorbeifahrenden Motorradfahrer einen Tierarzt, der sich dem armen Tier hoffentlich annehmen wird. Wir freuen uns, dass wir unser Werkzeug nicht für uns einsetzen mussten, sondern damit ein sympathisches Tier retten konnten. Inzwischen habe ich übrigens eine Beisszange auf einem Markt erstanden, damit allfällig ähnliche Situationen einfacher zu bedienen sind.

In der Schweiz – so haben wir eben gelesen – ist Littering mancherorts ein grosses Problem. Hier auch, extrem. Wir sind immer wieder enttäuscht über die Unmengen von Abfall, die wir am Wegesrand sehen. In Chile ist es weniger schlimm als in Argentinien – hier ist die Wegwerfmentalität sehr stark verbreitet, extrem auch in Bolivien, wie wir später feststellen müssen.
Allerdings muss man auch die Regierungen in die Pflicht nehmen: wenn ich den Abfall entsorgen soll, dann muss auch die entsprechende Infrastruktur vorhanden sein. In Santiago de Chile funktioniert dies zumindest in der City vorbildlich. So gegen 22h fahren Heerscharen von Abfall-Laster auf und die Strassen werden gefegt. Allerdings mussten wir in Chile und Argentinien beobachten, dass die Laster ein paar Km aus den Städten und Dörfer fahren und das Material in Gruben oder einfach auf «neu erstellten Abfallbergen» deponieren. Ab und zu sehen wir, dass ein Bagger etwas Gestein und Sand darüber auskippt, doch mit dem herrschenden Wind ist die Verfrachtung des Materials nur logisch. Zudem sickert die ätzende Sauce in den Boden und verunreinigt und vergiftet so das Grundwasser. An einem Ort haben wir folgendes beobachtet: ausserhalb einer Stadt wurde ein riesiger Abfallberg errichtet, ca 100m hoch und mehrere 100m Kantenlänge. Ein Bagger schüttete Erdreich auf den neu angelieferten Abfall. NEBEN dem Berg fliesst ein Fluss – dieser wird ca. 400m nach dem «neuen Berg» in verschiedene Kanäle abgeleitet. Diese fliessen als Bewässerung direkt in Früchte- und Gemüseplantagen ……………. Einfach unvorstellbar, aber leider Tatsache.

Wir haben auf unserem Weg in Patagonien https://suitaontour.com/08-ch-highlights-des-suedens-2/ schon argentinische Rodeos gesehen. Die waren sehr eindrücklich, temporeich, beeindruckend. Nun haben wir das Glück, in einem kleinen chilenischen Dorf ebenfalls eines zu erleben. Dies ist völlig anders – es findet nicht auf einem eingezäunten Feld, sondern in einer relativ kleinen Arena statt. Ein Zweierteam muss einen Stier in einem recht kleinen Oval 3,5 mal im «Rund» jagen (die Idee ist, den Stier etwas zu ermüden und ihm zu zeigen, dass Pferd und Reiter ihn «im Griff haben». Danach geht ein Gatter auf und der Stier wird in die grössere Arena eingelassen. An zwei Seiten des Ovals sind ca. 12m lange, sehr dick gepolsterte Stücke. Ziel ist es, dass die beiden Reiter die Stiere jeweils an diesen Stücken AUF das Polster drücken – d.h. mit der Brust des Pferdes hat dies zu geschehen. Je nachdem wo der Stier auf das Polster gedrückt wird (Hinterteil, Bauch, Vorderläufe) gibt es Punkte. Es gibt auch Strafpunkte, wenn das Tier nicht richtig behandelt wird oder das Drücken auf das Polster nicht korrekt abläuft, ebenfalls, wenn der Stier aus der «zärtlichen Umarmung zwischen den beiden Pferden» sich befreit. So wird der Stier stark geschützt, was ich natürlich toll finde.
Es ist unglaublich, mit welchem Tempo die Reiter ihre Arbeit verrichten – immer Vollgas, solange der Stier mitmacht. Zwischendurch nimmt es ein Stier allerdings sehr gemütlich, trabt langsam durch die Arena, bleibt stehen und trottet dann gemächlich weiter. Aber auch dann müssen die beiden Reiter das Tier in ihrer Mitte behalten, was alles andere als einfach ist.
Ich erlebe auch einen sehr emotionalen Moment. Alle Reiter versammeln sich im Rund, zwei Reiter reiten voraus, ein Stier dahinter und nochmals dahinter weitere zwei Reiter, es wird eine Runde gedreht. Es ist eine Abdankung für einen verstorbenen Reiter. Der Speaker erzählt dessen Geschichte und dies mit sehr zittriger Stimme. Scheinbar ist man hier eine grosse Familie. Auch ich bin emotional ergriffen – auch jetzt, wo ich das schreibe.

Der Zufall will, dass wir gegen Ende unseres Besuches in Argentinien noch ein Rodeo erleben (siehe oben «Jesus Maria, Jesuiten»). Es ist ähnlich des oben beschriebenen, allerdings auf einem Feld der Grösse eines Fussballfeldes. Ebenfalls müssen zwei Reiter einen Stier direkt nach dessen Auslass ins Feld in die Mitte nehmen und das so weit wie möglich. Je nach verrichteter Arbeit wird hier jeder einzelne Reiter bewertet. Auch hier staunen wir über das unglaubliche Tempo, in welchem die Reiter die Arbeit verrichten – immer im gestreckten Galopp. Es ist nochmals schneller als das oben beschriebene, denn es findet nicht in einer geschlossenen Arena, sondern eben auf dem grossen offenen Feld statt.
Dass diese Rodeoarbeit nicht einfach Show ist, erleben wir hier direkt (und haben es auch schon anderswo auf offenem Feld beobachten können). Ein Stier büxte aus und zwei Reiter folgten ihm auf das offene Gelände, welches auch mit Gebüsch bewachsen war – normales Terrain also für die Reiter und den Stier. Hier nahmen die Reiter den Stier wie im Rodeo in die Mitte und brachten ihn zurück. «Rodeo» im normalen Leben – eindrücklich, fantastisch.

Die Ruta 40: Einen Grossteil dieser praktisch 5’200km langen Strasse haben wir befahren. Sie führt durch 11 Provinzen in Argentinien und führt von der Meereshöhe bis auf fast 5’000m.ü.M. Es ist eine richtig tolle Erfahrung, diese Strasse befahren zu dürfen. Von feinster Asphaltpiste zu richtig heftigem und staubigem Ripio, von über 10m bis 2,5m Breite, engen und zerklüfteten Passagen bis karge Ebenen kannst du hier alles haben. Viele Bilder haben wir in den Argentina-Berichten schon gezeigt, hier noch ein paar Eindrücke dieser legendären Strasse.

Wir wurden mal gefragt, wie denn so das Klima hier sei. Wissen wir nicht, doch wie das Wetter ist, das haben wir in allen Ausprägungen erlebt (ausser heftigem Schnee). Viel, sehr viel Regen mit Sturzbächen auf die Strasse, wunderbare sonnige Tage und totale Hitzetage. Ein Regenbeispiel haben wir gezeigt im Bericht der Carretera Austral
Wie die Temperatur in der Atacama war, könnt ihr auf untenstehenden Bildern (Foto von der Tachoanzeige) und einer Kerze sehen. Diese war übrigens in einer total geschützten Schublade, weit weg von direkter Sonneneinstrahlung – die Hitze war IM Auto drin so stark (daher auch unser verzogenes Dachfenster). Reisen halt………….

Wir haben vor ein paar Monaten mal gehört, dass man sich in der Schweiz über die so genannte Pferchhaltung der Rinder (Fleisch für Europa) aufregte und dies mit Bildern «bewies». Dabei ging es um die Haltung der Rinder in engen Pferchen und Zufütterung, absolut ohne Freilauf.
Wir sind nun mehr als 1 ¾ Jahre hier unterwegs, sind über 50’000 km kreuz und quer vor allem durch Chile und Argentinien gefahren. Wir dürfen glaub ich ohne Scheu festhalten, dass wir sehr viel gesehen haben – ob Ballungszentren oder die Weiten, speziell von Argentinien.
Wir haben Millionen von Rindern gesehen – praktisch ausschliesslich in Freilandhaltung. Muttertier und Kalb waren meist zusammen auf der Weide. Keine Rede also von Pferchhaltung.
Auch wir haben Rinder in Pferchen gesehen – aber praktisch nur dort, wo die Rinder verladen werden. Logisch, dass man für den Verlad die Tiere über Tage (wegen den riesigen Weiden) zusammentreiben muss. Auch logisch, dass bis zum Ende des Zusammentriebes die Tiere in den Pferchen stehen und gefüttert werden müssen. Wenn ich solche Pferchfotos machen und etwas «beweisen» will, ist das ein Leichtes – beweist aber nicht, dass die Pferchhaltung hier üblich ist. Ist sie absolut nicht.
Was wir allerdings sehr bedenklich finden, ist die – für uns – sehr ungerechte Landverteilung. Ganz wenige Leute haben vor allem in Argentinien und Südbrasilien riesige Ländereien, in der Grösse von Kantonen in der Schweiz, einfach riesig. Diese Leute bestimmen denn auch, was in der Landwirtschaft läuft. So werden z.B. 60% der für die Landwirtschaft in Argentinien nutzbaren Fläche Soja für den Export angebaut – für China…………. Eine solche Monokultur ist einfach nur schlimm. (Zahlen sind von der UNO).
In Brasilien ist es nicht besser – dies haben wir im Bericht (https://suitaontour.com/13-br-pantanal-2/ ) beschrieben. Da fuhren wir gute 800km durch eine Gegend mit ausschliesslich Mais und Soja (im Wechsel), ebenfalls für den Export nach China.

Informationen unterwegs
Wir sind froh, dass wir hier auch Nachrichten lesen können, welche nicht von «offizieller Seite» kommen, sondern von so genannten «unabhängigen Journalisten». Ein Beispiel ist https://amerika21.de/, welche über Spenden finanziert werden. Wir haben schon des öftern gestaunt über die erheblichen Informationsunterschiede zum gleichen Thema. Beispiel: Venezuela, Brückenblockade an der Grenze zu Kolumbien. Dort ging vor kurzem ein Lastwagenkonvoi mit (von der US so beschrieben !!) «Hilfsgütern» in Flammen auf. US und EU-Berichte zeigten ein Video, welches dies zeigt und Maduro wurde dafür persönlich verantwortlich gemacht.
Nun sind aber Videos aufgetaucht – und von der New York Times journalistisch begleitet – welche zu 100% bewiesen, dass ein Demonstrant GEGEN Maduro einen Molotowcocktail Richtung der Sicherheitskräfte von Venezuela/Maduro schmeissen wollte – der Wurf missglückte und zündete den eigenen Lastwagen mit «Hilfsgütern» an – und danach alle anderen Laster………….
Ausserdem ist es für uns spannend, immer wieder mit den Einheimischen ins Gespräch zu kommen. So haben wir schon mehrfach eine andere, zusätzliche Sicht der Dinge bekommen und auch von Gegenden gehört, die wir dann besuchen konnten. Ohne solche Informationen würden wir wohl auch eher die «bekannten Pfade» befahren.

Unterwegs
Bei uns läuft während dem Fahren immer Musik – ab einem Stick, den ich von den Freunden Nick (der lebt heute mit seiner Frau Lisa auf der Inselgruppe Kiribati) und Andy aus Deutschland aufgenommen erhalten habe – vielen Dank. Herrlich, wenn man zu Schnulzen von Don Williams, Peter Räber, Phil Carmen, den intelligenten Liedern von Mani Matter oder dann heftigem Rock (Gotthard, Krokus, ACDC……… oder Santana oder tollem Blues durch die Gegend gondeln kann. Tempomat auf max. 80 und stundenlang durch die wunderschönen und teilweise auch langweiligen Gegenden gondeln.

Spendierfreudigkeit
Solches Reisen, wie wir es seit 1 ¾ Jahren tun, verstärkt oder verändert gewisse Verhaltensweisen – oder neue kommen dazu. Bei mir hat sich etwas extrem stark verändert (für meine Verhältnisse). Ich wuchs in sehr bescheidenen Verhältnissen auf, lebte immer sehr sparsam. Ich war eher knauserig – ausschliesslich zu mir selber, nicht zu anderen – doch das war immer ok für mich.
Seit wir unterwegs sind, gebe ich plötzlich gerne und viel Geld aus – ich spare nicht mehr. Joly meinte mal: «Du musst nicht für die Kinder sparen – die sind selbständig». Recht hat sie. So gebe ich äusserst grosszügig Trinkgeld, gehe sehr gerne auswärts essen, repariere nicht selber sondern lasse reparieren, bin schon 3mal zur Pedicure gegangen !!!, lasse beim Coiffeur die Haare waschen, Joly kauft vor allem Gemüse und Früchte direkt beim Hersteller an der Strasse und vieles, vieles mehr. Passt, wunderbar, Entwicklungshilfe vor Ort.
Während des Reisens kaufen wir immer wieder Spielzeug für Mädchen und Jungs, Schreib- und Malmaterial, Bälle, Accessoires für die kleinen Ladys und vieles mehr. Dies verteilen wir dann jeweils an meist sehr abgelegenen Orten an der Strasse an Kinder, wo wir denken, dass sie die Dinge brauchen können. Es ist für uns immer wieder fantastisch, wenn wir die grossen Kinderaugen sehen, wenn sie etwas erhalten. Es ist sehr befriedigend, anderen etwas zu geben – einfach so.

Schon mehrfach hat Joly bei einem solchen Halt unseren gesamten Gemüse- und Früchtevorrat eingepackt und der Mutter der Kinder überreicht. Kartoffeln und Mais haben sie oft selber, Früchte und spezielle Gemüse kaum – eine willkommene Abwechslung, wir verhungern definitiv nicht und können uns in der nächsten Stadt ja wieder eindecken.

Zudem unterstützen wir gerne mal spontan Menschen die wir kennen lernen, sie uns etwas erzählen, das wir unterstützungswürdig finden. Ausbildung der Kinder, Einrichtungen für ein neu zu eröffnendes Business, Bildung für sich selber………. Es gibt immer wieder Gelegenheiten für solches (ausserhalb der Projekte) und wir machen das mit grosser Freude.
Speziell für uns ist, dass die Leute hier bei solchen Gelegenheiten völlig anders reagieren als bei uns. Wir sind uns gewohnt, dass wenn man etwas erhält die Floskeln «Aber nein, das ist doch nicht nötig», «Nein, das kann ich doch nicht annehmen»………..und ähnliches. Hier: man bekommt etwas, sagt «Grazias» und gut ist. Nichts weiter. Herrlich.

Einige werden einen Bericht vermissen über unsere Projekte https://suitaontour.com/projekt/. Wir haben seit „Projekt CAF Geiman im 2017 https://suitaontour.com/projekt-caf-gaiman-ar/“ kein grösseres Projekt mehr gehabt – wir suchen sie nicht, wir wollen auf sie stossen. Nur vergessen haben wir sie nicht – im Gegenteil.
An dieser Stelle wollen wir uns für die sehr grosszügigen Spenden für die Projekte bedanken: Unsere lieben und tollen Mieterinnen Franziska und Michaela, Alejandro aus Ushuaia, Jürgen aus Deutschland, Silvio, Daniela und Martin, Gaby und Urs, Claudia, Stephan. Alle dürfen sicher sein, dass wir die Gelder nützlich und in eurem Sinn einsetzen werden.

So, nun verlassen wir definitiv diese 2 wunderschöne Länder (Chile und Argentinien) um nach Bolivien zu fahren. Auch weil wir anfangs April Besuch aus der Schweiz bekommen – eine Begleitung für 4 Wochen IM Sprinti………. Wer es ist, verraten wir im nächsten Bericht.

Hasta la proxima