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13 – BR – Pantanal…

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Lange ist es her seit wir den letzten Bericht «Siesta» https://suitaontour.com/12-br-siesta/ publiziert haben.
Immer wieder wurden wir auf die Fälligkeit eines neuen Berichtes aufmerksam gemacht und gefragt, ob es uns auch gut geht.
Es ist so lieb von Euch und wir möchten uns bei Euch herzlich bedanken und auch beruhigen. Uns geht es sehr gut – wir haben einfach eine ausgiebige Siesta gemacht.

Ausgeruht und voller Elan möchten wir mit diesem Bericht und mit mehr Fotos (auf vielseitigen Wunsch unserer Leser), euch wiederum auf eine spannende und abenteuerliche Reise entführen.

Hier die Reiseroute – vamos!

Der Weg den wir Richtung Pantanal fahren, führt uns zuerst dem Atlantik entlang Richtung Norden. Wir haben gehört, dass die «Ilhas do mel» (Honiginseln) sehr schön sind. Der Weg dorthin ist allerdings nur mit dem Boot möglich. Nach einer wunderschönen 4 stündigen Fahrt zwischen vielen kleinen Inseln hindurch gelangen wir zur traumhaften und autolosen Insel. Eine fast unberührte Natur, klares Wasser und weisse Strände begrüssen uns. Vom Meer her weht eine leichte Brise und streichelt unsere Haut. Ein sanfter Nebel erhebt sich über den Strand und lässt die Landschaft magisch erscheinen. Wir verspüren ein unendliches Gefühl von Ruhe und Zufriedenheit – hier ist die Welt wirklich noch in Ordnung.

Wir ziehen unsere Schuhe aus, um am Strand unsere Fussabdrücke zu hinterlassen. Wir planschen im Wasser und unternehmen auf der Insel eine ausgiebige Wanderung, wo wir die Fauna, Flora und ein Fort aus dem 18. Jahrhundert ausgiebig bestaunen und geniessen können. Gegen Abend verabschieden wir uns ungern von dieser Insel – auf unserer Reisekarte haben wir diesen Ort markiert – das bedeutet: Wiedersehenswert!!!

Weiter geht es ins Landesinnere Richtung Curitiba, eine tropische und wunderschöne Landschaft begleitet uns. Wir haben gelesen, dass in diesem Ort eine Zugfahrt ein grossartiges Highlight sein soll. Die Legendäre Fahrt von Curitiba nach Morretes windet sich auf 110km, von etwa 930 Höhenmetern hinab bis nach Morretes. Es heisst, dass die Strecke eine unvergessliche Fahrt durch Tunnel und Wälder, mit wundervoller Aussicht über die reizvollen und üppig bewachsenen Täler verspricht.

Also buchen wir für den nächsten Tag den Zug «Serra Verde Express» und freuen uns auf die «legendäre Fahrt»
Leider macht das Wetter wieder mal nicht so richtig mit, es hat viel Nebel und leichten Schauer. Von wunderschönen Täler und Aussicht sehen wir nichts. Irgendwann lichtet sich die graue Decke und wir sehen die andere Talseite – alles Regenwald! Zusammen mit den Nebel- und Wolkenfetzen entsteht eine beinahe mystische Stimmung – immerhin!!!

Am Endbahnhof der Hinfahrt begrüsst uns doch noch die Sonne und wir schlendern durch das kleine Örtchen Morretes, freuen uns an den häufig noch ursprünglichen kleinen Gebäuden und geniessen die eine oder andere Schleckerei. Die Marktstände (es ist Sonntag) sind wie an vielen anderen Orten auch – viel Unnötiges, gleich Aussehendes, touristisch halt. Die Stimmung ist friedlich, Gaukler und Musiker machen bei den sehr vielen Touristen gutes Geld. Das Wetter auf dem Rückweg ist leicht besser, die Fahrt jedoch – ausser der interessanten Flora – nicht wirklich interessant. Wir machen für diese Zugfahrt KEINE Markierung auf unserer Karte.

Da für uns die Zeit absolut keine Rolle spielt, entscheiden wir uns, einen Abstecher zum grössten Staudamm der Welt (gemessen an der Jahresenergieleistung) und nach Iguaçu zu machen. Obwohl wir die Wasserfälle bereits schon einmal gesehen haben, sind wir wiederum absolut fasziniert. Diese tobende Wassermenge – Tag für Tag – Jahr für Jahr – und das seit einer Ewigkeit. Wir freuen uns wie kleine Kinder, als wir auf einem Steg direkt über dem Fluss stehen – durch den ewigen Wind und der Gischt nass wie alle anderen auch – und einen Regenbogen direkt beim Wasserfall sehen können.

Den Staudamm kennen wir ebenfalls aus einer früheren Reise, doch wenn wir schon mal in der Nähe sind……. Kurt will unbedingt eine geführte Tour ins Innere der Anlage machen. Dies umso mehr, als er in seiner Zeit bei der BBC (heute ABB) Material für diesen Staudamm bearbeitete und lieferte. Interessanterweise tat dies sein Sohn vor wenigen Monaten ebenfalls (Serviceleistungen). Klein ist die Welt oder besser gesagt: wie der Meister so der………….
https://de.wikipedia.org/wiki/Itaip%C3%BA

Wir dürfen nur 90 Tage in Brasilien bleiben und wenn wir weiterhin so langsam unterwegs sind, müssen wir uns plötzlich doch noch beeilen. Unser Ziel ist nach wie vor das Pantanal und das liegt aus unserer Sicht noch weit im „Nordwesten“ von Brasilien.

Also heisst es nun weniger trödeln und mehr fahren. Und das ist auch gut so, denn der Weg Richtung Pantanal ist landschaftlich nicht wirklich spannend. Über eine Distanz von ca. 800km säumen fast ausschliesslich Maisfelder den Weg (Wechselanpflanzung mit Soja!!!). Diese Monokulturen sind einfach nur schlimm für die Natur, doch die Nachfrage aus China (nach dem Lieferboykott und Zollstrafen der Amerikaner für die Chinesen) ist enorm. Gerade eben hat die Regierung beschlossen, weitere Millionen von ha Regenwald für weiteren Mais- und Sojaanbau für China zu roden!!!! Einfach schrecklich, wie sich die Regierungen bereichern und sich wenig um die Zukunft kümmern.

Immer wieder sehen wir gigantische Maschinen und sehr viele Lastwagen auf den Feldern, welche riesige Staubwolken verursachen. Wir sind neugierig und wollen ein solches Spektakel aus der Nähe sehen. Bei der nächsten Gelegenheit lenken wir unseren Sprinti in eine holprige Feldstrasse – und schon befinden wir uns inmitten einer Staubwolke.

Hier lernen wir Stanley kennen. Ein hübscher Farmer (mit italienischen Wurzeln – was denn sonst 😊) Stanley ist stolzer Besitzer von 1600Ha Land – er gehört damit zu den mittleren Farmern. Mit einer über 12m breiten Maisernete-Maschine mit 26 Spuren!!! von einer Spurdistanz von jeweils 50 cm, benötigt er mit 10 Angestellten für die Ernte von 600 Tonnen Mais je nach Wetter ca. 30 – 45 Tage.
Die gesamte Ernte wird anschliessend mit Lastwagen in die Kooperative gebracht – wo ein aufwendiges Verfahren die Maiskörner wägt, sortiert, trocknet und lagert.

Zuerst wird die gesamte Ladung vom Lastwagen entleert. Durch ein Saugsystem werden die Maiskörner anschliessend in die Trocknungsanlage befördert, wo sie bei einer Temperatur von 110° langsam trocknen können. Immer wieder werden Stichproben genommen. Und es ist einfach herrlich zu beobachten, wie ein Mitarbeiter mit einem «Kübeli» Mais in der Hand in das Chefbüro kommt und das «Gut» dem Kontrollchef übergibt. Dieser prüft akribisch auf das Gramm genau der Anteil von Ausschuss, Fremdmaterial und Trockenheit. Erst wenn alles stimmt, wird die Ware in die jeweiligen Silos bei einer Temperatur von 9° gelagert. Auf der Anlage stehen 12 Silos á jeweils 40’000 Tonnen. Diese Kooperative welche wir besuchen dürften, verarbeitet jährlich eine Menge von ca. 700’000 Tonnen pro Jahr.

Kaum ist die Ernte vorbei, wird die Erde für die nächste Aussaat umgepflügt und vorher mit Kalk oder Gips angereichert. Dann ist Soja an der Reihe – und somit geht das «Erntespiel» im Halbjahrestakt von vorne wieder los.

Auch wir müssen wieder weiter und zwar dalli…… und so gelangen wir nach einer 2wöchigen Reise ins das Reich der Tiere.

Das Pantanal ist eine alluviale Ausdehnung welche hauptsächlich in Brasilien zu finden ist. Es ist rund 210’000km2 gross, also gut 5 mal die Schweiz……. Während der Regenzeit wird der Boden von den Fluten einiger grosser und vielen kleinen Flüssen überschwemmt (je nach Gegend an die 3m). Von Juli bis Oktober (Trockenzeit) sind die Sümpfe teilweise trocken und können somit partiell erkundet werden.

Der Weg durch das südliche Pantanal führt uns über staubige Wege, unzählige wackelige Brücken und riesige Wasserpfützen ins Herz dieser wilden Natur. Als würde das nicht genügen, versperrt uns eine Kuh-Familie, welche gerade eine Siesta macht den Weg – oder dann ein Ameisenbär der gerade entschieden hat, exakt in diesem Moment die schmale Strasse schlendernd zu überqueren.

Die Tierwelt ist hier wirklich einmalig. Unzählige Kaimane teilen sich die Wasserpfützen mit Capyvaras (Wasserschwein, Nagetiere von der Grösse eines Hundes), Ottern, Anakondas, Echsen und Piranhas. Auf der Ebene grasen Wildschweine, Tapire und einige Hirsche, während manchmal grosse Ameisenbären direkt neben der Strasse ihr Futter suchen. Psstt, seid ganz still. Hört ihr das Geschrei von Affen, quietschende Papageien, Aras, Spatzen und sonstige Tiere? Einfach fantastisch………

Da wir als „Schnecken“ unterwegs sind, haben wir die Möglichkeit, die Tiere näher an uns heranzulassen. Das sind für uns immer sehr schöne Erlebnisse und oft „vergessen“ wir zu fotografieren und geniessen einfach diese wunderbaren Momente. Lange Spaziergänge sind hier nicht möglich, zuviel Wasser versperrt immer wieder den Weg oder dann die vielen Dornbüsche – auch will man nicht immer auf den Boden oder auf die Äste über einen schauen, wo „gewisse Viecher“ ihr Dasein fristen und denen du nicht immer grad Aug in Aug gegenüberstehen willst.

Wir wissen, dass weit vor uns ein Fluss ist, den man mit einer Fähre überqueren kann, um auf die andere Seite der sogenannten Südschlaufe zu gelangen. Wir hören von Einheimischen, dass die Fähre seit zwei Monaten defekt sei „aber wenn ihr Glück habt, dann ist sie übermorgen wieder in Betrieb“. Also fragen wir unterwegs Lastwagenfahrer, die uns entgegenkommen, ob die Fähre wieder läuft. „Si, todo bien“ hören wir mehrfach und fahren Richtung Fluss. Kurz davor, beim einzigen Restaurant weit und breit fragen wir wieder. Nein, nein, das dauere noch Wochen……… war die Antwort. Was gilt jetzt?
Wir wollen nichts riskieren und fahren den ganzen Weg wieder zurück und geniessen wiederum diese interessante Gegend – einfach diesmal in der Gegenrichtung (die Fähre war noch Wochen später „in Revision“).

Den zweiten Teil der Schlaufe fahren wir halt in der ungeplanten Richtung – was solls – wir sind ja flexibel. Hier hat es viel mehr Hügel, Wäldchen, Weiden – dafür nur ganz wenige Tiere. Wir fahren wieder Richtung Fluss (der mit der Fähre, andere Seite) und müssen immer wieder durch Flussläufe, welche über die Strasse ablaufen, fahren (abfliessendes Wasser aus der Überschwemmungszone).

Wir staunen nicht schlecht, als bei der Durchfahrt eines solchen Wasserlaufes dieser richtiggehend schäumt. Ein riesiger Fischschwarm quert die Strasse……… Solange der Strassenuntergrund einigermassen „hart“ ist, machen wir uns trotz 30-40cm hohem Wasser keine Sorgen. Das ändert sich, als der Untergrund schlammig wird, der Weg völlig zerfurcht und abenteuerlich aussieht. Wir erinnern uns an unsere erste Begegnung mit einer solchen Situation in den Anfangswochen unserer Reise. Damals kehrten wir kurz vor dem Ziel um – 3h Umweg!!!!
Hier sieht es sehr ähnlich aus, riesige Wasserläufe, Schlamm, Furchen – Kurt entschliesst schweren Herzens, auf dem engen Weg umzukehren. Seine Lust auf Schlamm schippen, um Sprinti aus eben diesem zu schaufeln, hält sich in absolut engen Grenzen. Das Wendemanöver ist sportlich genug, denn auf beiden Seiten des engen Weges „ist es sehr feucht und weich“ und Sprinti ist über 6m lang…..

Auf dem Weg zurück in Richtung Punta Porá fahren wir ins touristische Dörfchen Bonito. Hier leben ca. 7‘000 Leute und von denen gegen 80% vom Tourismus – dieser hat gerade mal knapp 3 Monate im Jahr Saison. Die sehr hübsche Haupt (Einkaufs)strasse hat es uns angetan, denn die Läden sind echt hübsch und wir freuen uns an den vielen Farben und Muster der Kleider, wo auch die „normalen Kleidergrössen“ im Schaufenster gezeigt werden. Die Leute hier sind unglaublich nett und weil es im Moment noch keine Touristen hat, sind kleine Gespräche schnell möglich und die Leute winken uns immer zu, wenn wir ihr Haus passieren. Ganz in der Nähe besuchen wir eine erst vor 6 Jahren entdeckte Tropfsteinhöhle, lassen aber andere „Sehenswürdigkeiten“ wegen den horrenden Preisen aus.

Wir parkieren Sprinti mitten in Bonito in einer Seitenstrasse, neben uns ein kleiner Hof. Darin steht auf Rädern ein kleiner Holzkarren, der in einen Kiosk umgebaut wurde und vor diesem ein zugedeckter Billardtisch. Wir fragen den Besitzer wie immer, ob es ok sei, dass wir hier parkieren. Daumen hoch.

Ich habe einen kräftigen Husten. Das Männlein vom Kiosk steht plötzlich vor Sprinti, klopft. Er hält in beiden Händen Blätter. Diese überreicht er mir und meint, dass ich damit einen Tee aufbrühen soll, „er sei gut gegen den Husten“. Einfach nett – und genützt hat der Tee auch.
Immer um 11h und um 16h kommen die selben 5 Männer, jeden Tag, alle 5 Tage in denen wir hier stehen. Zwei spielen Billard und drei sitzen um den Tisch und kommentieren jeden Stoss, lachen – nein, gröhlen. Es ist ein tolles und lautes Schauspiel. Ab und zu spendieren wir der Männerschar eine Runde Bier und so haben wir hier eine tolle Zeit. Ganz rührend war der Abschied: bei der Abschiedsumarmung hatten doch zwei der betagten Männer feuchte Augen…….

Wir fahren weiter Richtung Süden zum „Buraco das Araras“. Das ist ein riesiger Sandsteinkrater, eine geologische Formation, die durch den Einsturz von Felsbrocken entstanden ist. Diese Art Krater sind sehr selten, es gibt lediglich 5 auf der Welt, dieser ist der zweit grösste. Der riesige Hohlraum hat einen Umfang von etwa 500 m und eine Tiefe von etwa 100 m. Das Loch wurde vor weniger als 20 Jahren entdeckt. Viele Lastwagen von Schutt musste raufgeholt und abtransportiert werden. Ebenfalls hat man darin 23 (!!) verschiedene Leichen gefunden. Heute hausen rote Aras darin. Wir machen eine Führung und geniessen es, dass wir im Moment die einzigen Touristen sind. Wir haben Glück, denn obwohl nicht Ara-Saison ist, sind viele von ihnen hier. Fotografieren ist echt schwierig, denn die Viecher sind schnell und wir für sie zu langsam.

Jetzt wird es aber wirklich Zeit, Brasilien zu verlassen, die 90 Tage Aufenthalt sind fast zu Ende. Die nächste Grenze zu Paraguay ist gerade mal 118km entfernt. Allerdings haben wir eine Information erhalten, dass dort keine „Aduana“ ist, wir also Sprinti weder aus- noch einführen können. Ohne dieses Papier würden wir bei einer der üblichen Strassenkontrollen ein gröberes Problem erhalten – wir wären illegal mit Sprinti im Land. Das würde sehr viel kosten – nicht nur an Zeit……… Also fahren wir die doppelte Strecke über einen anderen Zoll – und machen so „einen kleinen, ungeplanten Abstecher von gut 360km“ . Zuerst wollen wir zum wohl besten Camping, seit wir unterwegs sind – bei Marion und René – im Hasta la Pasta😊 und anschliessend einen weiteren Abstecher machen von über 10‘000km in das wohl schönste Land das wir kennen.

Es war herrlich unsere Familie und Freunde wieder zu sehen. Wir haben die gemeinsame Zeit mit den interessanten und lebhaften Gesprächen sehr genossen.

Nun sind wir wieder in Paraguay und werden bald unsere Reise fortsetzen.
Wohin? Lasst Euch überraschen.

Hasta la proxima