alle anzeigen

08 – CH – Highlights des Südens

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

In El Chaltén ist beim Dorfeingang die Busstation. Dort gibt es zwei Cash Automaten, es sind die einzigen im ganzen Dorf. Die nächsten sind in El Calafate, 213 km entfernt!!!! Hier muss man oft mit Cash bezahlen, denn viele Geschäfte haben keine Geräte für Kartenzahlungen – andere wollen einfach nur Cash und schlagen 10-15% auf den Preis, wenn du mit der Karte bezahlen willst!! Also sind die beiden Automaten unter Dauerstress. Schlangen bilden sich vor ihnen, Geduld ist angesagt.

Wir wollen auch Cash aus den Automaten ziehen. Funktioniert. Drei Tage später wollen wir wieder, Reserve ist nötig für hier (denn es ist Jahresende) und für später. Bei der Eingangstüre steht in englischer und spanischer Sprache: «Lieber ausländischer Gast, häufig zieht der Automat die Karte von Ausländern ein, benütze dann bitte den zweiten Automaten»!! Hmm……. Wir fragen uns, mit welcher Karte denn, wenn er sie eingezogen hat?? Die Automaten akzeptieren längst nicht alle gängigen Karten! Reisen mit einer Karte könnte also abenteuerlich werden!
Zudem sind immer Gebühren zu akzeptieren, bevor die Automaten Geld rausgeben. Diese waren im Dezember CHF 7.— pro Bezug. Die einen Automaten (sehr viele) lassen nur einen Bezug von damals CHF 56.— zu – man/frau rechne. Viele Automaten sind jedoch gnädig und geben den doppelten Betrag für dieselben Gebühren – dennoch, der Staat verdient recht an den Touris.

P.S: Die beiden Automaten in El Chaltén haben zwei Tage lang gestreikt – die Satellitenverbindung sei defekt sagte man uns (?!?!?). Man stelle sich vor, du als Tourist brauchst Geld und kein Automat interessiert sich dafür!

Als Entgelt begleitet uns in El Chaltén das schöne Wetter und die vielfach in Nebel verhüllten Fitz Roy und Cerro Torres zeigen sich uns in voller Pracht. Wir nutzen diese einmalige Gelegenheit zum Wandern, ungeachtet der Folgen.

Wir sind begeistert vor allem vom Fitz Roy, für mich (Kurt) nach dem Matterhorn einer der schönsten Berge die wir kennen. Einfach eindrücklich diese Wand, sehr schwer zu besteigen – erst in den 50er Jahren gelang das. Nicht die Wand an sich ist das Schwierigste, sondern die sehr schnell und extrem wechselnden Bedingungen und der äusserst heftige Wind.

Wir finden keine geeigneten Worte um die einmalige Schönheit dieser Gegend zu beschreiben – deshalb lassen wir es sein und lassen die Fotos für uns sprechen.

Nach mehr als 2 Wochen zieht es uns weiter – wir möchten wieder den Eis-Rebell Perito Moreno sehen. Warum Rebell? Weil er ungeachtet der Erderwärmung, dem Smog und sonstigen Hindernissen einfach weiter wächst. Zum täglichen Wachstum gibt es verschiedene Angaben. Vor Ort wurde uns gesagt, dass er derzeit mind. 1.5m bis 2.2m pro Tag wächst. Wie du auf einem Foto sehen kannst, ist er bereits wieder über das Ufer gekrochen. Das heisst, dass die linke Seeseite nun keinen Abfluss des Wassers mehr hat und daher der Pegel unaufhörlich steigt. In unterschiedlichen Zeitabständen durchbricht der Wasserdruck den Gletscherkopf und das Wasser kann wieder abfliessen. Vor Jahren wurde uns gesagt, dass der See oft so gegen 17m höher ist auf der linken Seite – die letzte Info vor Ort sagte etwas von 26m!!! Wir fragen uns, ob man bei den verschiedenen Infoquellen auch auf «Trumpsche alternative Facts» umgestiegen ist!?

Es kam auch schon vor, dass der Druck des Wassers für den Durchbruch nicht reichte – also «geht man mit Dynamit hilfreich zur Hand».
Bedenke: in der Mitte des Gletschers ist die sichtbare Wand runde 70m (SIEBZIG) hoch, gegen aussen fällt sie auf 40-50m ab. Unter dem Wasserspiegel sind es nochmals 70m………… Einfach unvorstellbar.

Beeindruckend sind natürlich die immer wieder zu hörenden und sehenden Eisabbrüche. Diese zu fotografieren wäre toll, doch dazu braucht man ein Riesenschwein und viel viel Zeit. Die Abbrüche sind immer dort, wo du sie nicht erwartest, kaum je dort, wo du Stunden lang hinguckst und fotobereit bist.

Selten zu beobachten – und umso fantastischer – sind die Eisabbrüche UNTER Wasser (für einen Schweizer ein schwieriger Satz). Plötzlich schnellt ein Riesenstück Gletscher der Wand nach hoch – weit aus dem Wasser, zerbricht in grosse Stücke. Die Farbe des Eises ist unglaublich tief blau. Wir haben das Glück und sehen Abbrüche von der Wand (Fotos, mit «Bugwelle») und einen aus der Tiefe.

Einfach grandios dieser Riesenbrocken von Gletscher.

Wie ihr wisst, waren wir vor Jahren schon mal Wandern im Nationalpark Torres del Paine. Es ist unglaublich spannend, nach so langer Zeit wieder an die selben Orte zu kommen, die man schon mal gesehen hat. Einige Erinnerungen sind noch ganz klar, immer wieder gibt es ein «deja-vu» und ein «weisst du noch»? Sogar die Eisenbrücke beim «Salto grande» liegt immer noch an gleicher Stelle im Wasser. Andere «Erinnerungen» sind absolut inexistent.

Eines hat sich aufs heftigste geändert: Damals (zur exakt gleichen Zeit) waren wenige Menschen unterwegs im Park. Nun ist alles überstellt, ausgebucht über Wochen und Monate. Die Preise sind enorm gestiegen – für den stattlichen Eintritt erhält man ausser einer öffentlichen Toilette nur wenig Leistung. Beim Parkeingang stehen 5-8 Busse und einige kleinere Personentransporter, eine riesige Menschenschlange steht vor der Kasse (eine einzige) – jeder muss ein Formular ausfüllen.

Ebenfalls sind die wenigen Strassen mit erheblichem Verkehr belastet – alles ist Ripio – entsprechend (und dank dem Wind) wandern grosse Staubwolken durch den Park. Da wir damals die O-Runde und einen Flügel des «W» gewandert sind und der Preis für eine Rundwanderung (5-8 Tage) pro Person über $1’500 ist, beschränken wir uns auf Tageswanderungen und geniessen die wunderbare Natur, die eindrücklichen Torres und das imposante, dazugehörenden Massiv «Los Cuernos».

Und dann der heftige Wind, hier ist er oft nochmals um einiges heftiger als anderswo in Patagonien. Wir haben Glück – dieses Mal ist er grad mal so um die 50 – 80 km/h (tiefere Angaben werden von den Rangern gar nicht veröffentlicht!). Bei unserem ersten Besuch waren die Zahlen im dreistelligen Wert. Auch hören wir, dass in den letzten beiden Jahren scheinbar 3 Busse umgestürzt seien wegen dem Wind. Wir freuen uns natürlich, dass wir die tolle Natur bei «einem lauen Lüftchen» so richtig geniessen können.

Wir fahren von Puerto Natales weiter Richtung Süden. Auf einer Strecke von über 100km «wächst» auf beiden Seiten der Strasse ein Wald. Wir sind traurig, denn der meiste Wald – oft der ganze – sind völlig kaputt. Ein Schmarotzer, der Gattung Myzodendron und Bartflechten macht ihn kaputt – rechts und links der Strasse auf mehreren hundert Meter, meist sogar mehrere Kilometer. Einfach schlimm.

Wir durchfahren einen kleinen Ort, Tehuelches. Wir sehen, dass hier ein Fest stattfindet. Ich (Kurt) will das unbedingt näher ansehen. Einen Parkplatz finden ist kaum möglich, jede Ritze ist zugeparkt und alles überstellt. Schlussendlich kommen wir ans Fest – eine riesige Menschenmenge, viele Zelte – es ist was los, aber was?

Abwechselnd werden Show-Scherungen von Schafen gezeigt, Zuschauer können auch mal die Schere in die Hand nehmen, Musikgrössen aus der Hauptstadt oder Amateure aus der weiteren Umgebung geben ihr Bestes, Tanzgruppen……und Wildpferdrodeos. Von allem etwas. Ich bin von letzterem fasziniert, vor allem von der Dynamik und schiesse Unmengen von Fotos. Auf meinen «vielseitigen Wunsch» 😊 wird eine ganze Menge hier gezeigt.

Wir erfahren, dass es die «Fiesta de la Esquila» welche zum 28. Mal stattfindet. Es ist vergleichbar mit dem Ursprung des «thanks giving day» – hier einfach das Ende der Schafscherzeit. Das Dorf hatte Ende 2017 ganze 274 Einwohner, 83 Frauen und 191 Männer!!). Aus der Zeitung erfahren wir, dass dieses Jahr über 3’000 Zuschauer am Fest mit dabei waren…… Scheinbar war das Fest bis vor kurzem um ein 5-faches grösser (!!!), doch ein Riesenfeuer hat die ganze Campinginfrastruktur zerstört – also beschränkte man sich ab dann auf «ein kleineres Fest».
25 Verpflegungsstände (natürlich die meisten mit riesigen Grills) sind aufgebaut und lassen mein Herz höher schlagen – daneben grillieren unzählige Zuschauer zwischen ihren Zelten und Autos mit ebenfalls (für uns) überdimensionierten Grills und echt stattlichen Grillöfen. Ein fantastisch buntes Treiben, alle sind fröhlich und fordern uns auf, von ihnen doch ein Foto zu schiessen – Gegensatz pur zu uns in der Schweiz😊

Wir fahren weiter Richtung Punta Arenas. Die Stadt hat uns nicht wirklich interessiert, eher schon der südlichste Punkt, den man in Chile anfahren kann. Also passieren wir die Stadt und fahren 75km auf der «Ruta fin del Mundo» weiter gegen Süden. Dort ist die Strasse einfach fertig. Zu Fuss wandern wir die meiste Zeit auf Kiesel ein paar km weiter zum südlichsten grossen Leuchtturm auf dem Festland des Kontinentes. Durch das nie endende Einsinken und Abrutschen auf dem Kiesel werden wir wohl bald zwei Haustiere im Sprinti mit dabeihaben: je einen höllischen Muskelkater. ☹

Noch «eine Anmerkung der Redaktion»:
Wir leben in einem grossen Dilemma. Einerseits möchten wir über unsere Reiseerlebnisse berichten, Interessantes mitteilen, Spannendes oder Lustiges und euch auch davon Bilder zeigen. Andererseits wollen wir euch nicht langweilen mit überdetaillierten Berichten und schon gar nicht wollen wir Wikipedia konkurrenzieren. Wir haben bisher ein paar Tausend Bilder geschossen, Obelix würde sagen: «Wenn nicht Hunderte oder sogar Dutzende»! Nun die Krux, in der wir uns befinden: Was schreiben wir, wieviel, welche (paar) Bilder zeigen wir?
Die Qual der Wahl – – wir hoffen, dass wir einigermassen eine gute Auswahl treffen.

Wir bedanken uns für dein Interesse, freuen uns riesig über einen Kommentar von dir und verabschieden uns – denn jetzt geht’s ab in die Antarktis…………

Hasta la proxima
Reisezeit: Januar 2018