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03 – AR – Zu den Walen

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Nachdem wir für das Ausschiffen von Sprinti an 8 verschiedenen Stationen unsere erlernten Spanisch-Künste unter Beweis stellen können, (Aufwand 4 Std. – mehr dazu unter «Ausschiffung in Montevideo» https://suitaontour.com/ausschiffung-in-montevideo/) können wir ihn endlich am 12.09.2017 entgegennehmen. Mit Freude stellen wir fest, dass er die lange Fahrt ohne Beschädigung überstanden hat.

Doch die Freude wird nicht lange anhalten, schon am selben Abend wird der Aussenspiegel (Fahrerseite) durch einen allzu schnellen und rücksichtslosen Lastwagenfahrer zertrümmert. Also statt wie geplant endlich abfahren zu können, heisst es am nächsten Morgen eine Mercedes-Garage in Montevideo zu suchen. Ob wir wohl einen identischen Spiegel auch finden werden? Das Glück scheint auf unserer Seite zu sein und wir staunen, als der Verkäufer im Computer nachsieht und sagt: „Ja, den haben wir“. Doch beim genauen Hinschauen müssen wir aber feststellen, dass der Original-Spiegel von Mercedes für unseren «La Strada» Aufbau zu kurz ist. Wegen der Länge von Sprinti hat man eine Verlängerung eingebaut, ein Unikat – nur bei La Strada erhältlich…..

Und so beginnt eine amüsante und recht teure Spiegelgeschichte, die wir euch in Kurzform erzählen möchten:
Kein Problem sagt uns der Verkäufer, wir können den Spiegel einfach aus der Fassung rausnehmen und die Dame, die an der Ecke täglich unzählige Aussenspiegel repariert und montiert kann es dann schon richten. Erst müssen wir aber den neuen Spiegel bezahlen, denn eine Garantie, dass der Spiegel intakt bleibt, können sie uns nicht geben. Danach macht sich «MANN» an die Arbeit. Doch der Spiegel ist hartnäckig (deutsche Qualität lässt grüssen) und will nicht aus der Fassung raus. Der «2. MANN» kommt und weiss es besser…… grosse Schraubenzieher werden kraftvoll eingesetzt – Kurt und ich können nicht hinschauen – unser Spiegel…… Dann kommt ein «DRITTER» und «VIERTER» «FUENFTER» und noch mehr Schraubenzieher und Zangen sind mit brachialer Gewalt im Einsatz. Am Ende sind 7 Männer am Werk! Alles umsonst, der Spiegel hat sich zu einer Schildkröte verwandelt. Schlussendlich hilft nur noch ein Panzerknacker in Form einer «Flex».

Es ist nicht zum Aushalten: unser soeben erworbener, neuer Spiegel wird wortwörtlich zerstückelt. Ich nutze die Gelegenheit, um einige Sachen einzuräumen. Darunter auch unsere «NEUE, TEURE Radio-Anlage mit einer speziell eingebauten Rückfahrkamera». Doch irgendwie weigert sich die Anlage einzurasten. Alle Bemühungen bleiben erfolglos – ich muss, den bereits sehr sehr verärgerten Kurt informieren. Liebevoll rufe ich ihn. Meinen Blick interpretiert er richtig und fragt: „Nei, was isch jetz wieder los“???

Inzwischen wurde der Spiegel geknackt, geleimt und verklebt. Wir konnten uns um das 2. noch grössere Malheur, die Rückfahrkamera kümmern. Wir sind aber zu erschöpft und deshalb entscheiden wir uns, vorerst zu Heinz und Silvia ins Paraiso Suizo zu fahren und uns am nächsten Tag damit zu beschäftigen. Dort lernen wir zum Glück Anita und Roger, langjährige Travellers, kennen.
Glück deshalb, weil unsere Batterie für den Wohnbereich keinen Wank mehr tut. Wir haben kein Strom………… (Kurt, hat in Hamburg vergessen, die Batterie abzuklemmen – totaler Anfängerfehler). Roger erweist sich als absoluter Spezialist und kann unsere Anlage wieder zum Laufen bringen – die Batterie wird wieder aufgeladen. Wir sind überglücklich.
Ein toller Start: perfektes Auslösen von Sprinti, Aussenspiegel weggeknallt, kein Strom, Radioanlage mit Rückfahrkamera streikt…

Wir verlassen das Paraiso Suizo bei heftigen Regenfällen. In San Ramon, auf den Weg nach Paysandu, wo wir die Grenze nach Argentinien passieren werden, ist die Brücke über den Rio Yi, der später in den Rio Negro fliesst, wegen enormen Überschwemmungen geschlossen. In den letzten Tagen hat es sehr stark geregnet und der Fluss war um über 8 Meter über den normalen Stand gestiegen. Alles war überflutet – die Brücke stand 3 Meter unter Wasser. Wir hatten Glück und mussten nicht allzu lange warten bis wir endlich weiterfahren konnten. Am Abend lesen wir in der Lokalzeitung, dass 137 Familien evakuiert werden mussten.

Auf Empfehlung von Beatrice (unsere Wohnungsvermieterin in Montevideo) fahren wir nach Casablanca – ein Dorf mit 400 Einwohnern – ca. 15 Km von Paysandu (Grenzstadt zu Argentinien) entfernt. Dort befindet sich das Restaurant La Pulperia, welches scheinbar das beste Fleisch weit und breit serviert.
Als wir dort am Abend ankommen, begrüsst uns die sympathische Managerin Laura. Das erste was sie tut ist Sprinti bestaunen. Sofort bietet Sie uns eine Uebernachtungsmöglichkeit im nahegelegenen Campingplatz an. Doch Sprinti ist viel zu hoch und kommt nicht durch das Tor und so dürfen wir auf den Parkplatz vor dem Restaurant übernachten. Auch die Dorfhunde finden Sprinti (vor allem die Reifen) geil und veranstalten ein «PISS-FEST» und markieren sie auf «Pisse-komm-raus»!!!
Die Pulperia ist ein altes Söldner-Gebäude, welches für die damaligen Soldaten das Lohnbüro wie auch Einkaufszentrum war. Das Gebäude wurde durch den Besitzer, ein Unternehmer der den Schlachthof nebenan betreibt, liebevoll und aufwändig restauriert und eingerichtet. Beinahe alles was in der Küche gekocht wird, kommt vom eigenen Garten. Sogar die Pilze (Pleurotus und Shiitake) werden kultiviert. Auch Kaninchen werden auf der Hacienda gezüchtet. Ein Junges war soeben ausgebüxt und hüpfte fröhlich hin und her – eine gefährliche Sache für das Kaninchen mit den vielen Raubvögeln die hier lauern…… Deshalb entschuldigte sich Laura bei uns und widmete sich dem Einfangen des Kaninchens – was sich für Laura als schwieriger erwies als gedacht. Ich eilte der Armen zur Hilfe – doch das Kaninchen hüpfte fröhlich weiter und Kurt krümmte sich vor Lachen. Als er endlich ausgelacht hatte, wollte er uns zeigen wie «MANN» Kaninchen einfängt. Nun waren wir zu Dritt am Lachen: das Kaninchen, Laura und ich……. Erst als Laura mit Hasenbraten drohte, gab das Kaninchen auf, lies die Ohren hängen und gestattete sich einfangen zu lassen.
Nach erfolgreicher Kaninchen-Rettungsaktion genossen wir bei fantastischem Sonnenuntergang am Rio de la Plata ein wunderbares Essen, begleitet von einem edlen Tannat-Tropfen (ehrlich gesagt, es waren mehrere Tropfen) aber es war ja auch unser letzter Abend in Uruguay.

Mehr dazu unter: https://www.fricasa.com.uy/lapulperia

Nun heisst es über die Grenze zu fahren. Es ist unsere erste Grenzüberfahrt mit Sprinti – und vor allem der sonst eher ruhigerer Kurt ist «etwas» nervös. Er bombardiert mich mit Fragen. Haben wir alle Sprinti-Papiere? Sind sie griffbereit? Wo sind die Reisepässe? Doch die Zollbeamten sehen uns wohl unsere Unerfahrenheit an und haben Erbarmen mit uns. Im Nu sind alle Zollformalitäten erledigt und schon begrüsst uns Argentinien mit seiner ebenfalls weissblauen Fahne und einem Bienvenido. So fahren wir durch den berühmt-berüchtigten Distrikt „Entre Rios“ – wo scheinbar die Polizei strenge und häufig «unsaubere» Kontrollen durchführt. Wir sehen viele Polizeikontrollen – wir werden durchgewunken!!!! Doch es kam wie es kommen musste und auch wir wurden irgendwann angehalten, wir zeigen die üblichen Papiere (Kopien) und der Polizist verschwindet, kommt wieder mit einer jungen Polizistin und die fragt: «Habt ihr keine Originale»? Natürlich haben wir die Originale, aber die möchten wir aus Sicherheitsgründen nicht abgeben. Die Polizistin erklärt uns inständig, dass hier in Argentinien die Kopien nicht farbig sondern schwarz/weiss sein müssen und vor allem vom entsprechenden Amt als solche beglaubigt sein müssen. Das Gegenteil sei «ein Delikt». Sie wiederholt es mehrfach, spricht extra langsam und deutlich, damit wir sie auch wirklich verstehen. Wir befürchten das Schlimmste – doch Sprinti rettet uns – denn die Polizistin findet Sprinti umwerfend und fragt uns, ob sie einen Blick ins Innere werfen darf. Natürlich darf sie das und sie ist hell begeistert, schwärmt und sagt: «Ooohhhh, es mas hermosa que mi casa» – vergisst unsere Kopien und verabschiedet sich von uns mit Küsschen, besten Wünsche für die Fahrt und der Empfehlung, ab jetzt bei Polizei-Kontrollen nur noch die Originale zu zeigen. Unsere Herzen beginnen wieder an normal zu schlagen – wir nehmen die Empfehlung ernst und ersetzen sofort die Kopien durch die Originale. Wir wollen unser Glück nicht strapazieren! Wir verneigen und bedanken uns bei Sprinti und befördern ihn ab sofort zum SprintiSuperStar, also dem Orden «Triple S».

In Campana, Provinz Buenos Aires, verbrachten wir einige Tage mit unseren Verwandten. Es war geplant so rasch wie möglich die Reise Richtung Valdes anzutreten um die Walen zu sehen. Betonung auf «wollten» – denn unmittelbar bei der Abfahrt bemerkt Kurt, dass die Rückfahrkamera ein- und ausblendet, der Radio hin und her hüpft, eine eingelegte CD ebenfalls. Nicht schon wieder die Radioanlage! Kurt, fährt stinkesauer mit Norberto, meinem Cousin zu einem Spezialisten. Dort angekommen scheint die Anlage wohl zu merken, um was es geht – und siehe da sie funktioniert wieder………… Grrrrrrrrrr – Dinge die der Mensch so nicht braucht!
Wir entschliessen uns, am nächsten Morgen zu fahren. Bei der Abfahrt wieder das Gleiche – die Anlage streikt. Aber hallo…. unsere Geduld wird auf die Probe gestellt – OOOHHHMMM – wir lassen uns nichts anmerken – wir sind ganz ruhig. Also fahren wir nochmals zum Spezialisten – diesmal streikt sie immer noch – immerhin! Er probiert alles, wirklich alles, inkl. Ausbau, Neuanschluss etc. Nichts geht mehr. Wir sind gezwungen eine neue Anlage zu kaufen ! Wir haben vor der Reise eine teure neue Anlage installieren lassen und nun „dürfen“ wir diese durch eine wiederum neue auswechseln lassen….. Wir lassen das Auto dort stehen und fahren mit dem Cousin für einen Tagesausflug nach Buenos Aires. Eine wunderbare Stadt. Hier werden wir zu einem späteren Zeitpunkt sicher nochmals kommen und mehrere Tage dort verbringen. Am Abend holen wir Sprinti ab – alles funktioniert, super. Nur: was machen wir mit der «alten» Anlage??? Ein Versand ist hier fast nicht möglich – wir verschieben das Thema auf «irgendwann und irgendwo»! Wir fahren endlich los mit der Zuversicht, dass ab jetzt alles funktionieren wird.

Der Weg führt uns einmal durch unendliche, schnurgerade Strassen, dann wieder über Schotterpisten und dann…. über die Ruta Nacional 229 (ein Feldweg), die plötzlich und ohne Vorwarnung durch die heftigen Regenfälle der letzten Tage sich zu einer schlammigen Piste verwandelt hat. Wir befinden uns mitten in der Pampa „im nada de nada“ – die Geier kreisen am Himmel und schauen schon gierig nach unten…… Sprinti wird gefordert, 4×4 und Untersetzung sind angesagt und die Fahrkünste von Kurt werden auf die Probe gestellt. Kurz vor der Einmündung zur Ruta 3 (wir konnten die Strasse mit den vorbeifahrenden Autos schon sehen) wurden die Pfützen zu 20m langen Schlammtümpeln. Die ersten schafften wir mit viel Schwung und heftigem Hin- und Herschwanken. Doch dann kommen noch zwei, nur zwei, jedoch heftige Pfützen. Die Tiefe und der Untergrund mussten analysiert werden – hier stecken bleiben wollten wir wirklich nicht. Und so kam es, dass Kurt ein unfreiwilliges Schlammbad nehmen musste. Mit hochgekrempelten Hosenbeinen spazierte er mürrisch durch den Schlamm und ich musste einfach schmunzeln und dokumentieren. „Etwas unglücklich“ kam er zurück und sagte: „Ab hier geht es nicht mehr weiter, wir müssen zurück“! Auch ich hätte einiges dazu zu sagen gehabt, doch ich liess es sein.

Der Weg zum Ziel dieser Etappe durch den Nordosten von Argentinien hat uns mit wunderschönen Landschaften und einer Vielfalt an Tieren beschert. Einmal durch unendliches Weideland, dann durch steppige und teilweise hügelige Landschaft, dann durch hohe Sanddünen bis wir schlussendlich nach 2’500 Km und 350 Liter Diesel die ersten Buckelwale sehen dürfen.
Es fehlen uns die Worte, um die Empfindung bei Anblick der Buckelwale zu beschreiben! Es ist einfach unglaublich und beinahe irreal zuzusehen wie diese enormen Tiere (Ausgewachsene: 12-17 Meter lang und ca. 30’000 Kg schwer) elegant und schwerelos auf ca. 15!!! Meter vom Strand hin und her schwimmen und immer wieder den Nachwuchs beobachten und wenn notwendig zurechtweisen. Denn wie alle Jungtiere sind auch sie noch unbeschwert, übermütig und unerfahren. Den Müttern bleiben nur wenige Monate, um die Jungen für die lange Reise in den kälteren, polaren Gebieten fit zu drillen. Wir sind einfach dankbar, ohne Zeitdruck dieses Spektakel mit all unseren Empfindungen erleben zu dürfen.

Entgegen unserer ersten Idee fahren wir dennoch auf die Halbinsel Valdes. Die Landschaft begeistert nicht durch Schönheit sondern durch die Vielfalt an Tiere. Hier sehen wir wieder Wale, diesmal sogar knappe 10m vor uns, einfach unglaublich und fantastisch. Der Wind bläst wie verrückt, in der Schweiz würde man eine Sturmwarnung herausgeben, hier ist es „ein ganz normaler Wind“, absolut nichts Ungewöhnliches. Wir fahren weiter und dürfen Seelefanten mit ihren soeben geborenen Jungen sehen. Daneben liegen die 4 Tonnen schweren Machos – richtige Fettmöpse. Danach begeistern uns die Magelanpinguine, die wir auf Armlängendistanz fotografieren können, ohne dass sie sich auch nur einen Augenblick um uns kümmern würden. Für sie sind wir wohl einfach nur neugierige Touris.

Auf einer deftigen Wellblechpiste fahren wir wieder zurück nach Puerto Madryn. Dort lösen wir unsere weiteren aufgetauchten Probleme. Totaler Stromausfall (siehe Bericht unter Sara und Bulli), https://suitaontour.com/02-sara-und-bulli-bei-den-pinguinen/ fehlende Dichtungen bei den Dachfenstern (La Strada „Qualität“, 3 von 4 fehlen), ausfahrbare Treppe auseinander nehmen und reparieren (vielen Dank an Thomas und Stefan)……einfach das normale Nomadenleben.

Nun sind wir schon einige Tage hier und langsam aber sicher ziehen die Wale weiter und mit Ihnen werden auch wir weiterziehen. Der Unterschied ist, die Wale wissen wohin – wir nicht.

Hier eine kleine Auswahl der Landschaftsfotos:

Hier eine kleine Auswahl der Wale:

Und hier noch eine Auswahl der anderen Tiere:

Hasta la proxima!

Reisezeit: Oktober 2017